24. Februar 2005
Sophie Scholl - Die letzten Tage
![]() 1982 wurde das Schicksal der Sophie Scholl schon mal als Kinostoff entdeckt, und zwar in gleich zwei verschiedenen Produktionen, aber mit jeweils derselben Darstellerin, Lena Stolze. Percy Adlon drehte damals "Fünf letzte Tage", Michael Verhoeven ein knappes Jahr später "Die Weiße Rose". 22 Jahre danach wirkt eine Neuverfilmung des Themas auf den ersten Blick gewollt. Aber die Neuverfilmung hat ihre Berechtigung. Nicht allein, weil die Herangehensweise an den Stoff bei Marc Rothemund eine andere ist: Verhoevens Drama legte die Priorität auf die chronologische Entwicklung der gesamten Widerstandsgruppe und endet mit ihrer Verhaftung. Bei Percy Adlon steht Sophie Scholls Zellengenossin Else Gebel im Mittelpunkt, aus der Sicht der mit Sophie sympathisierenden Kommunistin werden die letzten Tage Sophies erzählt. Adlons Film endet, als Sophie Scholl die Gefängniszelle verlässt. Was danach in der Verhandlung durch "Blutrichter" Roland Freisler bis hin zur Hinrichtung mit Sophie, ihrem Bruder Hans und Christoph Probst als den ersten als Mitglieder der "Weißen Rose" Überführten geschieht, ist damit auch bei Adlon nicht zu sehen. Adlon und Verhoeven konnten dies noch nicht nacherzählen, ihnen fehlten die dazu notwendigen Protokolle, um historisch korrekt sein zu können. Auf diese greifen Rothemund und sein Drehbuchautor Breinersdorfer nun zurück. Durch den Fall der Mauer sind sie zugänglich geworden: Einst hatte die Münchner Gestapo alle Akten vernichtet, bevor die Amerikaner eintrafen, berichtet Breinersdorfer. Da es sich bei den die "Weiße Rose" betreffenden Vernehmungsprotokollen aber um Material des in Berlin ansässigen "Volksgerichtshofs" des Roland Freisler handelte, gelangten die Unterlagen in den Besitz der DDR und "1990 bei der Sichtung der Stasi-Akten wieder ans Tageslicht".
Was da dazwischen liegt, ist ein Kino-Ereignis. Mag Julia Jentsch gegenüber ihrer Vorgängerin Lena Stolze keine unmittelbare Ähnlichkeit zu Sophie Scholl haben; wie sie die Empfindungen der 21-Jährigen darstellt, machte sie mit Berechtigung zum Shooting Star der Berlinale 2005. Was da zwischen Verhaftung und Hinrichtung auf der Leinwand zu sehen ist, hält sich auf schmalem Grat zwischen Absturz entweder ins Theatralische oder in allzu enervierende historische Detailverliebtheit auf; Julia Jentsch ist es, die die Balance wahrt und damit den Film trägt.
Michael Dlugosch /
Wertung: * * * *
(4 von 5)
Quelle der Fotos: X-Verleih Filmdaten Sophie Scholl - Die letzten Tage Deutschland 2004 Regie: Marc Rothemund ("Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit", "Harte Jungs", "Die Hoffnung stirbt zuletzt"); Darsteller: Julia Jentsch ("Die fetten Jahre sind vorbei", "Schneeland"; Sophie Scholl), Alexander Held ("Der Untergang", "Napola - Elite für den Führer"; Robert Mohr), Fabian Hinrichs ("Schussangst"; Hans Scholl), Johanna Gastdorf ("Das Wunder von Bern"; Else Gebel), André Hennicke ("Der alte Affe Angst", "Toter Mann"; Roland Freisler), Florian Stetter (Christoph Probst), Johannes Suhm (Alexander Schmorell), Maximilian Brückner ("Männer wie wir"; Willi Graf), Jörg Hube (Robert Scholl) u.a.; Drehbuch: Fred Breinersdorfer; Produktion: Christoph Müller, Sven Burgemeister; Co-Produktion: Bettina Reitz, BR; Kamera: Martin Langer; Musik: Reinhold Heil, Johnny Klimek; Deutschland 2004; Länge: 116 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von X-Verleih; Film-Homepage: http://www.sophiescholl-derfilm.de
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