Zur vollständigen Darstellung der Seite aktivieren Sie bitte Javascript. Filmrezension: Hannibal
 

Berlinale 2016: Abschlussbericht


von Lida Bach


Es gewann der Film, der schon vorab als sicherer Bären-Kandidat gehandelt wurde. Mit dem Goldenen Bären für Gianfranco Rosis Lampedusa-Doku "Fuocoammare" setzt die Jury ein klares politisches Zeichen. Auf ein deutliches künstlerisches Signal verzichtet sie hingegen.

No risks. No fun. So hätte das Motto von Jury-Präsidentin Meryl Streep, Brigitte Lacombe, Alba Rohrwacher, Nick James, Clive Owen, Malgorzata Szumowska und Lars Eidinger lauten können. Die Bären-Gewinner eint ihr minimales Konfliktpotential, das in den übrigen Kategorien nah an Belanglosigkeit kommt. Am meisten gilt dies wohl für "L'Avenir", der Mia Hansen-Love den Silbernen Bären für die Beste Regie einbrachte. Zum ersten Mal seit über 30 Jahren und zweiten Mal überhaupt erhält eine Regisseurin den Preis. Dass es ausgerechnet für einen durch und durch konventionellen Film geschieht, ist ebenso bezeichnend wie die Auslassung des polarisierenden Dramas "24 Wochen". Anne Zohra Berracheds Drama über Spätabtreibung bekam nicht einmal einen Achtungs-Preis. Womöglich wollte Jury-Präsidentin und Pro-Choice-Aktivistin Meryl Streep nicht den Eindruck erwecken, ihr politisches Engagement beeinflusse ihre Entscheidung. Wahrscheinlicher aber ist der Silberne Bär für die französische Komödie nur ein weiterer Ausdruck eine Sehnsucht nach Bildungsbürgerkino.

Den treffenden Kommentar zu Lav Diaz' "A Lullaby for the Sorrowful Mystery", dessen 8-Stunden-Vorführung einen ganzen Festivaltag in Beschlag nahm, gab eine Kollegin: "Bei der Länge müssen sie dem ja einen Preis geben." Haben sie auch: den Alfred-Bauer-Preis für einen Spielfilm, der neue Perspektiven eröffnet. Wenn man nach 8 Stunden im Halbkoma aus dem Berlinale-Palast taumelt, sieht man die Welt tatsächlich ein bisschen anders. Leider ist die Filmwelt noch oft die gleiche – die gleiche wie vor gefühlt 60 Jahren. Diesen Eindruck erwecken jedenfalls die auffallend vielen Filme voller Machismo, Misogynie und Klischeebildern. Im Kollegenkreis war die teils fragwürdige Filmauswahl ein Hauptthema. Für schwedische Filme wurde 2013 ein Rating für den Bechdel-Test eingeführt. Die Anzahl der Filme, die bestanden, stieg von 30 auf 80 Prozent. Vielleicht gäbe ein ähnliches System hierzulande allen Zuschauer der Berlinale zumindest Anlass, über die Darstellung der weiblichen Charaktere nachzudenken.

Mit "Fuocoammare" gewann vielleicht kein ausgesprochen cineastischer, aber ein ausdrucksstarker Beitrag. Rosi sagte, müsste den Film unbedingt auch auf Lampedusa zeigen. "Das Problem ist, dass dort keine Kinos existieren." Umso mehr gilt seine Hochachtung den Menschen auf der Insel. Rosi ist somit sicher einer derer, denen Diaz seinen Preis widmete: "... allen, die daran glauben, dass Filme die Welt verändern können."

 






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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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