22.08.2013
Konferenz der hohen Tiere

The Congress (2013)


The Congress (2013): Robin Wright "Kein Sci-Fi!", fordert Robin Wrights Manager Al (Harvey Keitel) von dem aalglatten Produzenten Jeff Green (Danny Huston) und denkt dabei wohl weniger an Werke wie Stanislaw Lems "Der futurologische Kongress", als solche wie Ari Folmans stilisierte Leinwandadaption des Romans: "Es ist so ein dämliches Genre." Die alternde Schauspielerin, die in "The Congress" ein seltsam lebloses Faksimile ihrer selbst spielt, muss sich angesichts ihrer stagnierten Karriere dennoch darauf einlassen, in der Realität genauso wie in deren animierter Alternative. Ein kurioser Hyperlink von dem halluzinativen Cocktail aus zerfahrener Zeitkritik und zielloser Zukunftsangst zur realen Welt, der nur eine fruchtlose Erkenntnis zulässt: dass mit Als Worten "lausige Entscheidungen" Wrights Leben ausmachen.

"Wir wollen dieses Ding namens 'Robin Wright' besitzen", eröffnet Jeff der Selbstdarstellerin Robin Wright, die mit dem erbkranken Sohn Aaron (Kodi Smit-McPhee) und der jugendlichen Tochter (Sami Gayle) in einer Flugzeughalle lebt und nun sein Angebot anhört. Es macht ihr gescanntes Leinwand-Double zum Eigentum der Miramount Studios und ist das letzte: sowohl geschäftlich als auch moralisch, daran erlauben der Produzent vor und der Regisseur hinter der Kamera keine Zweifel. 20 Jahre später ist Robins ewig junger Avatar ein Kinostar und sie Gast des futurologischen Kongresses in der animierten Zone. Als Symbol der Trickfilm-Fata-Morgana soll sie zu den drogenberauschten Massen sprechen – und ihr Ich ganz ausverkaufen. "Ein Tribut an die großartige Arbeit der Fleischer-Brüder aus den 30ern", nennt Folman die von Yoni Goodman betreuten Animationen, die in skurriler Analogie zu den Cartoon-Statisten, die darin mittels DVA-Drinks die Gestalt von Popkultur-Ikonen annehmen, stehen. Folmans Ambitionen sind so imposant wie seine Unfähigkeit sie umzusetzen. Das psychedelische Multiversum bleibt ein toter Abguss der filmischen Avantgarde, die als omnipräsentes Vorbild dient.

The Congress (2013) Endlos referenzielle Tapete der Traumwelt ist ein Prominenten-Potpourri, in dem von Magrittes "Sohn des Mannes" und "Die Liebenden", Max Ernsts Vogelwesen, mittelalterlichen Pestmasken, Horus-Hieroglyphen und Marjane Satrapis "Persepolis"-Bewohners bis zu Picasso, Coco Chanel im Kleinen Schwarzen, Che Guevara, Michael Jackson, Elizabeth I. vom Armada Porträt und Grace Jones im lila Gewand alles auftaucht, was einen möglichst hohen Wiedererkennungswert hat. Die gleichen Typen begegnen einem nicht nur mehrfach, sondern treten mehrfach auf, als fehle den Statisten der animierten Zone die nötige Animierung, nicht bloß die bekanntesten Konterfeis als eigenes zu wählen. Was als Kritik an der Einfallslosigkeit der Masse ausgelegt werden könnte, ist wohl eher ein Zeichen für die Ideenarmut des Regisseurs. Seine scheinbar zügellose Phantasie stößt in den 122 Minuten stets an ihre Grenzen, wenn die Bilderflut vom Dekorativen ins Dramatische schwappt. Der kreative Fluss versiegt ohne je mitzureißen und lässt Zuschauer und Zierfiguren auf dem Trockenen sitzen. "The Congress" folgt dem unrühmlichen Beispiel seiner Figuren und setzt auf die Reproduktion gängiger Klischees und Filmzitaten statt auf künstlerische Originalität.

The Congress (2013): Harvey Keitel Der Autor des preisgekrönten "Waltz with Bashir" fürchtet scheinbar wie seine Figuren Misserfolg. "The Congress" sei "eine Zukunftsvision, aber auch ein Schrei nach Hilfe", gesteht Folman, der sich gleich Robin aus der Wirklichkeit in farbenfrohe Frivolität verirrt. "Das ist dein Tor zur Freiheit", sagt Al überzeugt von der Lüge, die das inkohärente Ende zur Wahrheit erklärt. Diese Diskrepanz verkörpert Zeichner Dylan Truliner (lies: true liner). Er realisierte alle Filmauftritte der Gescannten und erhielt dafür eine Art hypnoide Selbstmordkapsel, die sämtliche Halluzinogene neutralisiert. Das Erwachen aus der Traumwelt ähnelt dem Tod: Vielleicht kann man zurückkehren, aber wer stirbt schon freiwillig, um es herauszufinden? Die Antwort, die "The Congress" stipuliert, ist ebenso vorhersehbar wie konventionell: ein Zeichen, dass Folman an ebenjenen Fehlern krankt, die Al Robin aufzeigt: "Furcht". Und eine Schwäche für "lausige Entscheidungen".  

Lida Bach / Wertung: * (1 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Pandora Film

 
Filmdaten 
 
The Congress (2013) (The Congress (2013)) 
 
Israel / Deutschland / Polen / Luxemburg / Frankreich / Belgien 2013
Regie: Ari Folman;
Darsteller: Robin Wright als sie selbst, Harvey Keitel (Al), Jon Hamm (Dylan Truliner), Paul Giamatti (Dr. Barker), Kodi Smit-McPhee (Aaron Wright), Danny Huston (Jeff), Sami Gayle (Sarah Wright), Michael Stahl-David (Steve), Michael Landes (Maxi), Sarah Shahi (Michelle), Ed Corbin (Charlie), Christopher B. Duncan (Christopher Ryne), Evan Ferrante (Tom Cruise) u.a.;
Drehbuch: Ari Folman nach dem Roman von Stanislaw Lem; Produzenten: Sébastien Delloye, Ari Folman, David Grumbach, Eitan Mansuri, Robin Wright; Kamera: Michal Englert; Musik: Max Richter; Schnitt: Nili Feller;

Länge: 122,39 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von Pandora Film; deutscher Kinostart: 12. September 2013



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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