08. Februar 2006
Mitten
im Geschehen
Happy Together
Yiu-Fai und Po-Wing, zwei junge homosexuelle Männer aus Hong Kong,
versuchen ihre Beziehung in Argentinien zu retten. Obwohl der Lack
zwischen beiden merklich ab ist, und ihr Zusammensein von Querelen,
harschen Konflikten, und auch gegenseitigen Demütigungen gezeichnet
ist, ist es doch das rational unerklärliche Band der Hassliebe,
das sie miteinander verbindet: Sie können weder mit- noch ohne
einander. Im flirrenden Moloch von Buenos Aires beginnt ein Wechselspiel
von Trennung und Wiederkehr, von quälenden, paralysierenden Streitigkeiten,
die noch durch Chang verschärft werden, für den Yiu-Fai mehr
als nur kollegiale Gefühle hat.
Am Ende geht jeder seinen für ihn bestimmten Weg. Die unausweichliche Trennung ist Realität geworden. Untrennbar jedoch die Gefühle füreinander.
Kar-Wai arbeitet in erster Linie mit technisch einfachen, aber
im Ergebnis wirkungsvollen Mitteln. Der Wechsel zwischen schwarz-weiß und
Farbaufnahmen spiegelt gewissermaßen die Stimmung der beiden
Protagonisten wieder. Schwarz Weiß dominiert vor Farbe,
und man meint zunächst, dass nur die glücklichen Momente
der beiden in Farbe abgedreht sind, wird aber später eines
Besseren belehrt. Sowohl Momente der glücklichen, als auch
melancholischen Miteinanders sind mal in Schwarz-Weiß,
mal in Farbe.
Die karge Lichtsetzung, und die vielen Nachtaufnahmen, oder aber Aufnahmen in dunklen Räumen, all diese Elemente untermalen die Tristesse, aber auch die Ausweglosigkeit, die in der Beziehung der beiden zusehends evident wird. Die schnellen Schnitte, aber auch die permanent wackelnde, dynamische Kamera, die aus vielen Perspektiven heraus operiert, die in der handgreiflichen Auseinandersetzung der beiden Protagonisten beispielsweise unmittelbar involviert ist, lässt dem Zuschauer die stete Unruhe, Hektik, Nervosität, und auch Aggressivität beständig spüren. Der Zuschauer ist dabei, wird selbst unruhig, wird Teil des Geschehens. Der Mitschnitt von Straßenlärm, von streitenden Menschen, alle lebensnahen, tagtäglichen Geräuschen, sorgen für Authentizität. Leidenschaftliche Tango-Musik als Element der Erotik, oder schwermütige Frank Zappa Balladen, auch sie das Sinnbild für die Beziehung zwischen Yiu-Fai und Po-Wing. Ihre Beziehung, ihr Zusammensein ist ein permanent schwelender Konflikt. Sie oszillieren zwischen Gewalt und Harmonie, zwischen Melancholie und seelischer Brutalität. Durch naturalistische Sequenzen (der Wasserfall), die unterlegt sind mit Fadomusik, wird nochmals der melancholische Charakter, der dieser Geschichte trotz ihrer unruhigen und aggressiven Dynamik anhaftet, überdeutlich. In der linearen Handlungsabfolge, gibt es kaum Rückblenden,
oder Vorwegnahmen, ebenso wenig Zeitdehnungen, oder Raffungen.
Szenen mit emotionalem Gehalt werden bisweilen verlangsamt, manchmal
zeitlupenartig(Verabschiedung von Chan) gezeigt. Die Intensität
des Moments steht hier im Vordergrund. Wong Kar-Wei konfrontiert uns wie so oft mit Charakteren, die das Unbenennbare verkörpern. Sein Filmstil ist zumeist geprägt von einem schnellen Schnitt, und die Kamera wechselt ihre Position ständig. Der Zuschauer ist überall und immer dabei, immer mitten im Geschehen. Oftmals sind durch seine zeitlupenartigen Einschübe, aber auch raschen Szeneabfolgen, jegliche Dimensionen von Zeit aufgehoben. Unterstützt wird dies zumeist durch die minimale Belichtung. Viele Szenen spielen in der Nacht. Der gezielte und wohldurchdachte Einsatz, aber auch die Wahl seiner Musik, soll schlussendlich einmal mehr verdeutlichen, dass sich manche Gefühle, oder Gefühlszusammenhänge nicht mit Worte, sondern allein durch Musik auszudrücken vermögen.
Sven Weidner /
Wertung:
* * * *
(4 von 5)
Filmdaten Happy Together (Originaltitel: Cheun gwong tsa sit) Hongkong 1997; Regie: Wong Kar-Wai; Drehbuch: Wong Kar-Wai Kamera: Christopher Doyle; Produktion: Wong Kar-Wai; Darsteller: Leslie Cheung, Tony Leung Chiu-wai, Chang Chen, Gregory Dayton, Länge: ca. 93 Minuten |
|