07.10.2013
Fürsten der Finsternis

The Lords of Salem


Alptraumhaft ist wohl der Begriff, der die eigenständige Horror-Hommage an das vom Antichrist und seinen Anbetern schwer angetanen Kino der 70er und 80er am treffendsten charakterisiert. Rob Zombies satanische Kinoausgeburt besitzt nicht nur die Optik einer nächtlichen Angstvision, sondern deren intuitive Struktur und in den besten Momenten deren verunsichernde Kraft. Sie liegt weniger in der kanonischen Story um Teufelsmusik, die Hexen von Salem und "das Gefäß, durch welches die Erde des Teufels Kindes sein wird", als dem Reigen dämonischer Bilder.

Letzte waren bereits in "House of 1000 Corpses" und dessen Fortsetzung "TDR – The Devil's Rejects" die treibende Kraft einer Handlung, die gemeinsam mit der Realität mehr und mehr in den Hintergrund tritt. Zombies Filme ergänzen seine Musik als Zelebrationen des Grausigen, Grellen und Grotesken. Umso passender scheint es, dass "The Lords of Salem" seinen Namen von einem der Songs des Rockers und Regisseurs übernimmt. "No can ever save them" heißt es darin von den Titelfiguren, die in den hypnotischen Hokuspokus mit einer Teufelsweihe eröffnen. Die gegen den glattanimierten Mainstream-Exorzismus in "The Conjuring" und "The Possession" fast irritierend viszerale und inbrüstige Verschreibung an die Finsternis steht sinnbildlich für die der Inszenierung, die bewusst jede beruhigende Eingrenzung des Bösen verweigert. Im geschichtsträchtigen Handlungsort Salem, schlummert es scheinbar in jeder der verfallenden und trügerisch heimeligen Fassaden. Hinter einer davon liegt das Apartment der jungen Radio-DJane Heidi (Sheri Moon Zombie) in einem düsteren Flur, den sie später wie in Trance hinuntergehen wird. Bis ganz ans Ende in Zimmer Nummer 5, wo ein rot glühendes Neon-Kreuz hängt. Und ein bockartiges Wesen im Schatten wartet.

Doch Apartments mit dämonischen Eigenschaften bleiben in Filmen gern für sich. Das stellt Heidi fest, als sie nach ihrem neuen Nachbarn fragt. "Oh, ich sag es dir ungern, aber es gibt keinen Mieter in Nummer 5", meint Heidis Vermieterin Lacy (Judy Geeson). Die freundliche Dame lädt Heidi zum Plausch mit ihren Schwestern Megan (Patricia Quinn) und Sonny (Dee Wallace), die sich mit Tee und Süßigkeiten in das Leben der kaum von ihrer Drogensucht genesenen Mitstreiterin eines Moderatoren-Trios drängen. Wo ältere Damen mit selbstzubereiteten Gebräu und Gebäck vor der Tür junger Frauen stehen, ist spätestens seit "Rosemaries Baby" der Antichrist nicht fern. Die Schallplatte, die für Heidi beim Sender hinterlegt wird, ist sein Wiegenlied. Was Heidi und ihre Kollegen für das Werk der obskuren Metal-Band "The Lords" hält, ruft mit seiner sonoren Melodie die Adressatin und andere Zuhörerinnen zu einem Ritual, das in der Eröffnungsszene Margaret Morgan (Meg Foster) und ihren Hexenkonvent einleiten. Der von mittelalterliche Kupferstichen, Carpenter und Craven und der Medien-Paranoia der 80er inspirierte Hexensabbat ist der scharlachrote Faden, auf den Zombie seine Szenen wie Perlen fädelt.

Das Grauen ersteht scheinbar direkt aus dem Unterbewusstsein Heidis, die Zombie wiederholt schlafend oder in halbbewusstem Zustand zeigt. Wahn und Wirklichkeit verschmelzen in der filmischen Phantasmagorie zum Klang der infernalischen Akkorde, die bereits Heidis Urahn Jonathan Hawthorne (Andrew Prine) hörte. Der Reverend, der Morgan und ihre Anhängerinnen 1696 auf dem Scheiterhaufen verbrannte, ist als Gegenfigur des Satanischen so widerwärtig wie ein perverser Priester, dem Heidi begegnet. Es gibt keine Zuflucht vor den "Lords of Salem", weder bei dem allzu forschenden Historienautor Francis Matthias (Bruce Davison), noch Heidis Kollegen Whitey (Jeff Daniel Phillips) und Herman (Ken Foree) und erst recht nicht der Kirche.

Das opernhafte Finale des infernalischen Reigens krönt gleich drei blasphemische Ikonen: die Hauptfigur, ihre Darstellerin und deren Regisseur und Gatten, der eine seiner atmosphärischsten Arbeiten vorlegt. Der Unheiligen Dreifaltigkeit lohnt es nicht nur für Fans zu huldigen.  

Lida Bach / Wertung: * * * * (4 von 5) 
 

 

 
Filmdaten 
 
The Lords of Salem (The Lords of Salem) 
 
USA / GB / Kanada 2012
Regie & Drehbuch: Rob Zombie;
Darsteller: Sheri Moon Zombie (Heidi Hawthorne), Bruce Davison (Francis Matthias), Jeff Daniel Phillips (Herman 'Whitey' Salvador), Judy Geeson (Lacy Doyle), Meg Foster (Margaret Morgan), Patricia Quinn (Megan), Ken Foree (Herman Jackson), Dee Wallace (Sonny), Maria Conchita Alonso (Alice Matthias), Richard Fancy (AJ Kennedy), Andrew Prine (Reverend Jonathan Hawthorne), Michael Berryman (Virgil Magnus), Sid Haig (Dean Magnus), Bonita Friedericy (Abigail Hennessey), Nancy Linehan Charles (Clovis Hales) u.a.;
Produzenten: Jason Blum, Andy Gould, Oren Peli, Steven Schneider, Rob Zombie; Kamera: Brandon Trost; Musik: Griffin Boice, John 5; Schnitt: Glenn Garland;

Länge: 100,46 Minuten; FSK: ab 16 Jahren



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Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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