07.01.2011
Das Lied in mir
![]() Nein, kein Geheimnis. Einem dunklen Familiengeheimnis sei Jessica Schwarz' Maria auf der Spur, heißt es über Florian Cossens Drama oft. Doch es gibt keine dunklen Geheimnisse in dem nuancierten Figurenspiel. Nur das Dunkel des Unterbewusstseins, aus dem Maria "Das Lied in mir" vernimmt. Die entscheidende Frage nach ihrem wahren Ich kann nur Maria selbst beantworten. Im Zentrum des in Montreal, Zürich und Hof mehrfach ausgezeichneten psychologischen Dramas stehen Erinnerungen und der Umgang mit seelischen Traumata. Verdrängt, verschüttet und von ihren Stiefeltern verleugnet, die Maria vielleicht gestohlen haben. Vielleicht auch gerettet. Vollkommen ergibt sich das nie in Cossens Film. Beklemmend beginnt "Das Lied in mir" mit dem präzisen Porträt von Marias emotionaler Verstörung. Jessica Schwarz führt das hochkarätige Ensemble mit ihrer eindringlichen Darstellung. Doch das Drehbuch lässt seine Hauptdarstellerin mit ihrer Intensität allein.
Die Mörder aber sind nicht greifbar. Andere Schuldige will "Das Lied in mir" nicht suchen. Die Schuld von Anton und Marias verstorbener Pflegemutter bleibt fast unberührt. Die Unstimmigkeiten im Drehbuch verflechten sich hier zu einem beunruhigenden Netz. Obwohl Maria ihren Aufenthaltsort in Buenos Aires nie nennt, taucht Anton überraschend dort auf. Marias Gelegenheitsliebhaber, der Polizist Alejandro (Rafael Ferro), scheint von Anton geheuert, sie zu überwachen. Anton verrät nie, was er unter der Militärjunta tat, Alejandro deutet an, sein Vater sei in die Verbrechen involviert gewesen.
Es bleibt das quälende Bewusstsein, dass nichts gesühnt wurde, weder staatliche noch familiäre Verbrechen. Die unübersehbaren Dissonanzen machen "Das Lied in mir" zu einer zwiespältigen filmischen Melodie; frustrierend, weil sie so harmonisch beginnt und so ausdrucksstark vorgetragen ist. In den Seelenabgrund, aus dem "Das Lied in mir" kam, taucht Maria nie. Den Rest ihres Lebens wird ihr anderes Ich dort kauern und es bleibt die Angst, dass es eines Tages die Hand ausstreckt, um zurückzufordern, was einst ihm gehörte. Diese Angst verschweigt der Film. Lida Bach /
Wertung: * * *
(3 von 5)
Quelle der Fotos: Schwarz Weiss Filmverleih Filmdaten Das Lied in mir Deutschland / Argentinien 2009 Filmtitel für den englischsprachigen Markt: The day I was not born Regie: Florian Cossen; Darsteller: Jessica Schwarz (Maria), Michael Gwisdek (Anton), Rafael Ferro (Alejandro), Alfredo Castellani (Hugo), Marcela Ferrari (Ana), Beatriz Spelzini (Estela) u.a.; Drehbuch: Elena von Saucken, Florian Cossen; Produktion: teamWorx Television und Film GmbH, in Koproduktion mit BR und SWR; Produzenten: Jochen Laube, Fabian Maubach; Kamera: Matthias Fleischer; Musik: Matthias Klein; Schnitt: Philipp Thomas; Länge: 94,13 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von Schwarz Weiss Filmverleih; deutscher Kinostart: 10. Februar 2011
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