13.08.2019
Tagträumer oder Mann der Tat?

Axel der Held


Axel der Held: Johannes Kienast, Christian Grashof Der Filmtitel ist zunächst pure Ironie: Axel (Johannes Kienast) ist kein Held, keineswegs. Wie sollte er auch, der gutaussehende junge Mann ist ein Gefangener, hoch verschuldet bei Manne (Sascha Alexander Geršak), einem Großkotz, der nicht vor Gewalt zurückschrecken wird. Bleibt Axel, der für Manne Mädchen für alles ist, zum Beispiel das Klo repariert, ein Verlierer? Keine Freunde, keine Beziehung sind für den Loser Axel in greifbarer Nähe, auch wenn der Großgrundbesitzer Manne in Jenny (Emilia Schüle) eine Freundin hat, die Axels Jugendliebe war. Axel begehrt Jenny immer noch. Der junge Mann lebt in einer heruntergekommenen Datsche neben der Hühnerfarm seines Gläubigers, dort nebendran wohnt der ältere Heiner (Christian Grashof), auf dessen Grundstück Manne scharf ist. Heiners Huhn muss dran glauben, damit der Alte davon "überzeugt" wird, zu gehen. Aber dieser wehrt sich. Indianer kennen keinen Schmerz, erklärt Heiner, der sich für Winnetou hält und Axel zu seinem Old Shatterhand macht.
Regisseur Hendrik Hölzemann ("Kammerflimmern", 2004) schildert dem Publikum mit Humor und viel Blut eine moderne Märchenhandlung.

Axel der Held: Emilia Schüle, Johannes Kienast Tagträumer oder Mann der Tat? Axel, der Ausweglose, flüchtet sich immer wieder in Fantasien, in denen er der Held ist. Beispielweise in der Bedrohung durch Mannes Handlanger (Oliver Bröcker, Adrian Zwicker) befreit sich Axel genauso brutal, wie diese gnadenlos gegenüber ihm sind. Denkste. Die nächste Einstellung zeigt: Axel bleibt der Weinerliche, der Unterdrückte. Die Sprünge im Film irritieren, sie sind das größte Manko des Films, der ansonsten klug eine Geschichte der Entwicklung und der Freundschaft erzählt, denn der junge Mann und Heiner tun sich zusammen gegen den übermächtigen Feind. Howgh! Heiner ist nicht Heiner, sondern ein alles aushaltender Indianer. Der Finger verlieren wird, weil die Handlanger Mannes eine Kneifzange benutzen. Wegen der Brutalität ist der Film nicht jedermanns Sache. Dennoch lohnt sich "Axel der Held" als Film über die Eskalation von Feindschaft und Gewalt, und wie man in Freundschaft Zusammenhalt finden kann, wie man die Herrschaft über sein eigenes Leben erhalten oder wieder gewinnen kann.

Regisseur Hölzemann erläutert: "Wie wird man zu dem Menschen, der man eigentlich sein will? Nützt es, von einer besseren Zukunft zu träumen, wenn die Umstände des eigenen Lebens allen Fantasien diametral gegenüberstehen? Und was braucht man am Ende tatsächlich zum Leben? Auf diese letzte Frage liefert der Film vielleicht die klarste Antwort: Wir brauchen einen Freund. Wir brauchen einen Menschen in unserem Leben, der uns so liebt und schätzt, wie wir sind. Der unser Potenzial, unseren wahren Wert, erkennt."

Axel der Held: Sascha Alexander Geršak Vor dem Ausweg in die Freiheit gilt es, den von Sascha Alexander Geršak (der Darsteller des Murat Kurnaz in "5 Jahre Leben") gespielten Manne, die teuflische Übermacht in Person, irgendwie zu besiegen. Das Filmende ist zu sehr gewollt, überkonstruiert, ein Happy End vom Regisseur und seinem Co-Drehbuchautor André Bergelt regelrecht herbeigesehnt, wodurch es kitschig wird: Wie soll man als Zuschauer*in glauben, dass Jenny, die von Manne kontrolliert wird, zwischenzeitlich von Axel schwanger wurde? Dies erklärt der Film allen Ernstes, wodurch der sonst kluge Film Schaden nimmt wie auch durch die Wechsel zwischen Realität und Fantasie.  

Michael Dlugosch / Wertung: * * * (3 von 5) 
 

Quelle der Fotos: W-film / ostlicht

 
Filmdaten 
 
Axel der Held  
 
Deutschland 2018
Regie: Hendrik Hölzemann;
Darsteller: Johannes Kienast (Axel), Christian Grashof (Heiner), Emilia Schüle (Jenny), Sascha Alexander Geršak (Manne), Oliver Bröcker (Börde), Adrian Zwicker (Eule), Imogen Kogge (Tante Vera), Katharina Wackernagel (Frau Kowalski), Bibiana Beglau (Eva), Gitte Reppin (Ginger) u.a.;
Drehbuch: André Bergelt, Hendrik Hölzemann; Produktion: ostlicht filmproduktion GmbH in Koproduktion mit ARD Degeto; Produzenten: Marcel Lenz, Guido Schwab; Kamera: Lars R. Liebold; Musik: Philip Stegers, Gunter Papperitz; Schnitt: Benjamin Quabeck, Florian Miosge;

Länge: 90,15 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von W-film; deutscher Kinostart: 15. August 2019

Ein Film im Wettbewerb des 39. Filmfestivals Max Ophüls Preis 2018



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Zitat

"Was soll das denn sein - wo du doch Schauspieler sein kannst? Da will man doch nicht Arzt werden!"

Die Reaktion der schauspielernden Eltern von Michael Verhoeven (13. Juli 1938 - 22. April 2024) auf seinen Wunsch, Medizin zu studieren - er wurde Regisseur ("o.k.", "Die weiße Rose"), Schauspieler ("Das fliegende Klassenzimmer" (1954), "Der Pauker") und Arzt

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