13.12.2017
Aus dem Nichts
![]() Eine junge Deutsche verliert ihren Mann und kleinen Sohn, weil Terroristen, Neonazis, sie in die Luft sprengen. Was die Frau daraufhin durchmachen muss, zeigt Akin ergreifend, von Trauer über Wut über einen Selbstmordversuch bis hin zum Racheakt. Dieser ist in einem Film immer fragwürdig, immer kontrovers diskutierbar. Da hier das Selbstmordattentat der Frau am Ende des Films nur ein filmisches Element von vielen ist, andere wichtiger, wird "Aus dem Nichts" nicht zu einem weiteren Film der Richtung "Ein Mann sieht Rot" mit Charles Bronson, sondern zu einem hervorragend erzählten Film. Dessen einziges Manko: Akin unterschätzt die Bedeutung einer Explosion mit Toten in Hamburg. Der Film brannte Fatih Akin unter den Nägeln, sagte er 2004 während der Berlinale – über seinen dort gezeigten und bis jetzt wichtigsten Film, "Gegen die Wand". Der dann den Goldenen Bären gewann. Wie muss dem Regisseur erst "Aus dem Nichts" unter den Nägeln gebrannt haben. "Ich war geschockt, als 2011 die NSU-Morde ans Licht kamen. Dass die NSU eine ganze Reihe fremdenfeindlicher Morde zwischen 2000 und 2007 in Deutschland beging und dass sich die Polizei jahrelang in ihren Ermittlungen nur auf die Menschen im Umfeld der Opfer konzentrierte. Wegen ihrer ethnischen Herkunft verdächtigte man die Opfer, dass sie mögliche Verbindungen zum Drogen- und Spielermilieu hatten. Der Druck der Polizei war so groß, dass auch die Presse und sogar das Umfeld der Opfer selbst derartige Verdächtigungen in Betracht zogen", erklärt Akin.
Bis dahin demonstriert Diane Kruger, die als Deutsche nach Rollen in internationalen Produktionen wie "Troja" und "Inglourious Basterds" erstmals in einem deutschsprachigen Film besetzt ist, was es heißt, wenn ein Mensch in Trauer und Wut versinkt. Selten wurde es besser, ergreifender in Szene gesetzt, als hier.
Dennoch ist "Aus dem Nichts" ein hochdramatischer, intelligenter Film, dessen Schilderung von Leid nachwirkt, und zwar lange. Michael Dlugosch /
Wertung: * * * *
(4 von 5)
Quelle der Fotos: Warner Bros. Entertainment GmbH, drittes Bild außerdem: Gordon Timpen Filmdaten Aus dem Nichts Deutschland 2017 Regie: Fatih Akin; Darsteller: Diane Kruger (Katja Sekerci), Denis Moschitto (Danilo Fava), Numan Acar (Nuri Sekerci), Rafael Santana (Rocco Sekerci), Johannes Krisch (Verteidiger Haberbeck), Henning Peker (Hauptkommissar Gerrit Reetz), Hanna Hilsdorf (Edda Möller), Ulrich Friedrich Brandhoff (André Möller), Adam Bousdoukos (Knacki), Uwe Rohde (Michi), Ulrich Tukur (Jürgen Möller) u.a.; Drehbuch: Fatih Akin, Hark Bohm; Produzenten: Nurhan Sekerci-Porst, Fatih Akin, Herman Weigel; Kamera: Rainer Klausmann; Musik: Joshua Homme; Schnitt: Andrew Bird; Länge: 105,50 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih der Warner Bros. Entertainment GmbH; deutscher Kinostart: 23. November 2017 Auszeichnungen: Filmfestival Cannes 2017: Beste Darstellerin (Diane Kruger) Golden Globes 2018: Bester fremdsprachiger Film
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