30.07.2019
Kein sehr bezaubernder Dschinni

Aladdin (2019)


Aladdin (2019): Mena Massoud, Will Smith Die Disney Company wagte sich an eine Neuverfilmung ihres Animationsklassikers von 1992 als Abenteuerfilm, "Aladdin". Man schmeckt als Zuschauer*in schnell das Kommerzprodukt heraus, wenn allzu süßlich zwei Liebesgeschichten im Happy End münden. Der Weg dahin mag für Aladdin (Mena Massoud, der sehr an Elyas M'Barek erinnert) steinig sein, aber dafür hat er Flaschengeist Dschinni (Will Smith) bald zum Freund und drei Wünsche frei. Wenigstens einen Wunsch hätte gerne das Publikum frei, wenn es das Eintrittsgeld zurückhaben möchte.
Dadurch, dass in dem Märchen-Musical die Figuren immer wieder plötzlich zu singen anfangen, in der deutschen Fassung eben auf Deutsch, erinnert der 2D/3D-Film an das Singspiel zum Starkbieranstich des Münchner Nockherberg. Für wen gereicht dieser Vergleich jetzt zum Nachteil... eher für das Singspiel, denn die deutschen Songs in "Aladdin" nerven. Es wäre gut gewesen, sie im Original und mit Untertiteln zu belassen.

Bevor "Aladdin" in die Kinos kam, schrieb ein Mensch auf einer Social-Media-Seite, Will Smith mit blauem Körper zu sehen, erzeugte bei ihm Alpträume, die Ansicht bekäme er nicht mehr aus dem Kopf. Eine Vorabwarnung? Ja. Smith, der alle im Film Mitwirkenden in den Schatten stellen wird und doch oder gerade deswegen keinen sehr bezaubernden Dschinni abgibt, ist in der ersten Sequenz gleich mal dabei, mit hautfarbenem Körper, und dann lange nicht. Diese erste Sequenz endet schnell, nicht ohne eine erste quälende Gesangseinlage Smiths; das Kinopublikum weiß lange nicht, warum es diese zu schnell endende Einstellung überhaupt gibt, in der Smith zwei Kinder belehrt und ihnen die Geschichte von Aladdin und der Wunderlampe erzählen will. Schon fängt der Film erneut an und überfordert das Publikum.

Aladdin (2019): Mena Massoud, Will Smith In der malerischen Stadt Agrabah lebt Aladdin, ein junger, gutaussehender Gelegenheitsdieb. Freilich weiß er noch nichts von einer Wunderlampe. Aber eine schöne Frau begegnet ihm. Sie macht sich auch zur Diebin, da Kinder auf dem Marktplatz das Brot eines Händlers anstarren. Den Hunger der Kinder stillt sie in Robin-Hood-Manier ohne Geld, Aladdin hilft ihr, aus der Situation zu entkommen. Die junge Dame, ahnt das Publikum, ist inkognito unterwegs, nicht die Zofe der Sultanstochter, als die sie sich ausgibt, sondern… klar, die Sultanstochter. Als Zofe so schön? Das Drehbuch sieht natürlich nur Schönheit bei einer Prinzessin vor. Prinzessin Jasmin (Naomi Scott) träumt fortan von Aladdin. Der von ihr. Er ist kein Prinz, schade, sie aber muss zum Fortbestand des Sultanats einen solchen heiraten. Allen infrage kommenden, sich vorstellenden Kandidaten kann sie nichts abgewinnen, zu plump sind diese auch in den Augen der Zuschauer. Gut, dass Aladdin bald seine Wunderlampe erhält, denn zwischenzeitlich kam er auf den Trichter, wen er vor sich hat; er möchte sie, und hat seine Lampe und drei Wünsche frei. Fortan bestimmt der mal blaue, mal hautfarbene Will Smith als Wünsche erfüllender Dschinni das Bild. Gut, dass der Aladdin mit dem ersten Wunsch zum Prinzen machen kann. Peinlich plump tritt Aladdin / Prinz Ali die Nachfolge der plumpen Heiratskandidaten-Prinzen an, aber peinlicher ist der Drehbuch-Einfall, dass die sich in Aladdin verliebende Jasmin ihn in der neuen Prinzenrolle nicht erkennt.

Dafür erkennt die echte Zofe Dalia (Nasim Pedrad) Dschinni jederzeit wieder, die zweite Liebesgeschichte – ja, auch sie ist süßlich – nimmt ihren Lauf. Aber Dschinni ist an die Flasche gebunden. Wie sollte der Film auch anders enden, was früh im Drehbuch angedeutet ist, der dritte Wunsch wird Dschinni frei machen. Und süßlich heiraten lassen. Wäre da nicht zunächst der böse Zauberer Dschafar (Marwan Kenzari) aus dem Weg zu räumen, der brutal (Warum nur ist der Film von der deutschen FSK schon ab 6 Jahren freigegeben?) sein Ziel verfolgt, zu Macht zu gelangen. Sein Auftreten im Kontrast zu den Filmhelden im Allzu-gut-allzu-böse-Schema ist althergebracht, mal wieder. Nichts Neues also. Macht hat er schon, er schickt immer wieder seine Schergen auf Aladdin los.

Aladdin (2019): Naomi Scott Die Actionszenen, in denen der auf den Straßen der Stadt aufgewachsene Aladdin stets seinen Häschern durch clevere Parkour-Tricks entkommt, sind zwar gelungen, haben aber das Geschmäckle, CGI-gesteuert zu sein. Nichts ist echt, auch die Tiere nicht, wie der treue Affe Aladdins, wie dessen Pendant auf Dschafars Schultern, ein böser Papagei. Und man merkt's. Die Volkssage aus "Märchen aus Tausendundeiner Nacht" ist von "Sherlock Holmes" (2009)-Regisseur Guy Ritchie arg verwurstet und leidet unter der an Publikumswünsche angepassten Gefälligkeit. Wie gesagt: Das Publikum wünscht sich wenigstens einen freien Wunsch herbei.  

Michael Dlugosch / Wertung: * (1 von 5) 
 

Quelle der Fotos: 2019 Disney Enterprises Inc., Foto-Credit bei Bild 1 und Bild 3: Daniel Smith

 
Filmdaten 
 
Aladdin (2019) (Aladdin (2019)) 
 
USA 2019
Regie: Guy Ritchie;
Darsteller: Will Smith (Dschinni), Mena Massoud (Aladdin), Naomi Scott (Jasmin), Marwan Kenzari (Dschafar), Billy Magnussen (Prinz Anders), Nasim Pedrad (Dalia), Numan Acar (Hakim), Navid Negahban (Sultan), Alan Tudyk (Stimme von Iago im Original) u.a.;
Drehbuch: John August, Guy Ritchie; Produzenten: Jonathan Eirich, Dan Lin; Kamera: Alan Stewart; Musik: Alan Menken; Schnitt: James Herbert;

Länge: 128,39 Minuten; FSK: ab 6 Jahren; ein Film im Verleih der The Walt Disney Company (Germany) GmbH; deutscher Kinostart: 23. Mai 2019



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Zitat

"Was soll das denn sein - wo du doch Schauspieler sein kannst? Da will man doch nicht Arzt werden!"

Die Reaktion der schauspielernden Eltern von Michael Verhoeven (13. Juli 1938 - 22. April 2024) auf seinen Wunsch, Medizin zu studieren - er wurde Regisseur ("o.k.", "Die weiße Rose"), Schauspieler ("Das fliegende Klassenzimmer" (1954), "Der Pauker") und Arzt

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