30.01.2010
Klopperei ohne Kombinationsgabe

Sherlock Holmes (2009)


Sherlock Holmes (2009): Mark Strong, Robert Downey Jr. Dass man es bei dieser Neuversion von "Sherlock Holmes" nicht mehr mit einem distinguierten Gentleman zu tun hat, lässt sich bereits nach einem ersten, kurzen Blick auf das Filmplakat erahnen. Keine karierte Schiebermütze, kein kühl kombinierender und mit hochgezogener Augenbraue seine brillanten Schlussfolgerungen verkündender Spitzendetektiv guckt uns da an. Brachial-Regisseur Guy Ritchie hat nicht nur seiner Hauptfigur einen völlig neuen Look verpasst – auch von der Absicht, eine intelligente Kriminalgeschichte zu erzählen, sagt sich das selbsternannte Enfant terrible der britischen Filmszene gänzlich los. So hat er einen Actionfilm kreiert, bei dem sich ein rabaukenhafter Sherlock (Robert Downey Jr.) mit seinem Kumpel Watson (Jude Law) durchs London des 19. Jahrhunderts kloppt.

Filmische Antworten hat es schon viele gegeben, seit Sir Arthur Conan Doyle seinen kauzigen Detektiv 1886 ins Leben rief. Aufmerksamkeit erregte der US-Spielfilm von 1939, in dem Basil Rathbone an der Seite von Nigel Bruce facettenreich den Holmes mimte. Als werktreu gilt die britische Serie "Die Abenteuer des Sherlock Holmes" aus den 80er und 90er Jahren, von der – mit Jeremy Brett in der Hauptrolle – mehr als vierzig Folgen gedreht wurden. Vom britischen Understatement und kniffliger Spurensuche sind in der Adaption von Ritchie bestenfalls Rudimente geblieben.

Sherlock Holmes (2009): Filmplakat Das mit zahlreichen Spezialeffekten angereicherte Spektakel beginnt mit einem Ritualmord des Serienkillers Lord Blackwood (Mark Strong), dessen Abgründigkeit anfangs eher behauptet als gezeigt wird. Er wird zwar verurteilt und hingerichtet, kehrt jedoch kurz darauf wieder, um mit Hilfe eines geheimen Plans nichts weniger als die Weltherrschaft an sich zu reißen. Auf dem Friedhof können seine beiden Verfolger selbstverständlich das Grab in Augenschein nehmen und sich vergewissern, dass der Gehenkte offenbar entkommen ist. Was folgt ist ein wirres P(l)otpourri aus in Zeitlupentechnik wiederholten Nahkampfszenen, Explosionen und Verfolgungsjagden. Holmes kämpft gegen einen hässlichen Riesen, aber auch eine gefährliche Schöne (Rachel McAdams), die kurzfristig über den tölpelhaften Helden triumphieren kann, wenn sie ihn überlistet und nackt ans Bett fesselt, darf nicht fehlen. Ihr Pendant Mary Morstan (Kelly Reilly), als Verlobte dem Dr. Watson zugedacht, hat den gemäßigteren Part abbekommen.

Beeindruckend an dieser Raufkomödie ist, mit wie viel Geschick und Liebe zum Detail dieses spätviktorianische London imaginiert und in Szene gesetzt wurde. Atemberaubende Kamerafahrten durch enge Gassen, an Gauklerständen entlang und durch die düsteren Docklands werden dabei von einem ironisch-beschwingten Soundtrack untermalt. Der preisgekrönte Komponist Hans Zimmer hat seine Musiker mal zu Banjo und Ziehharmonika, mal zu Violine und afrikanischen Trommeln greifen lassen. Dies funktioniert erstaunlich gut, macht Spaß und gibt dem Film ein wenig von der Spritzigkeit zurück, die Handlung und Dialoge oft entbehren.

Sherlock Holmes (2009): Jude Law, Robert Downey Jr. Dies und die herausragenden Leistungen seiner Schauspieler bewirken, dass man den Film stellenweise unterhaltsam finden kann. Und dennoch: Regisseur Ritchie hat es mit seinem Verzicht auf eine sinnvolle Story und die ästhetisierende Zurschaustellung von Gewalt auf ein männliches, der Pubertät noch längst nicht entwachsenes Publikum abgesehen, das er bei der Stange halten und in die Fortsetzung locken will. Popcorn-Kino für all jene, die eher an Martial Arts als an geistreichem Erzählen und trockenem Humor interessiert sind.  

Jasmin Drescher / Wertung: * * (2 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Warner Bros.

 
Filmdaten 
 
Sherlock Holmes (2009) (Sherlock Holmes (2009)) 
 
Großbritannien / Australien / USA 2009
Regie: Guy Ritchie;
Darsteller: Robert Downey Jr. (Sherlock Holmes), Jude Law (Dr. John Watson), Rachel McAdams (Irene Adler), Mark Strong (Lord Blackwood), Kelly Reilly (Mary Morstan), Eddie Marsan (Inspector Lestrade), James Fox (Sir Thomas), Hans Matheson (Lord Coward), William Hope (Ambassador Standish), Geraldine James (Mrs. Hudson) u.a.; Drehbuch: Michael Robert Johnson, Anthony Peckham, Simon Kinberg; Produktion: Susan Downey, Dan Lin, Joel Silver, Lionel Wigram; Ausführende Produktion: Bruce Berman, Dana Goldberg, Michael Tadross; Co-Produktion: Steve Clark-Hall; Kamera: Philippe Rousselot; Musik: Hans Zimmer; Länge: 128 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von Warner Bros.; deutscher Kinostart: 28. Januar 2010



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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