Filmfestival
Max Ophüls Preis 2013
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Auch während des 34. Filmfestivals Max Ophüls Preis 2013 hörte man es immer wieder: Nachwuchsfilmer klagen über die mangelnde Unterstützung durch die Filmförderung und die schlechten Chancen ihrer Filme im Kino. Wenn sie es überhaupt auf die Leinwand schaffen, bleibt das Publikum aus. Der Großteil der Filme, die in Saarbrücken liefen, wird keinen Verleih bekommen. Davon sprach auch der berühmte Kameramann Michael Ballhaus, der vom Festival für seine Verdienste um den deutschsprachigen Nachwuchsfilm ausgezeichnet wurde.
Beim Festival wurden viele bemerkenswerte Filme gezeigt, die ein größeres Publikum verdient hätten. Andererseits kann man nicht übersehen, dass in Saarbrücken auch schlechte Filme liefen, die ihre Zuschauer nicht finden können. Das ahnen auch die Förderungsgremien und sind vorsichtig.
"Dilettantisch" wird der Kohlhaas-Darsteller (Jan Messutat) mehrmals die Dreharbeiten der Kleist-Verfilmung nennen. Absichtlich wirkt der Film über den Film, "Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel", ebenso dilettantisch. Aron Lehmann hatte sich, wie er in Saarbrücken sagte, Mel Gibsons "Braveheart" und Lars von Triers "Idioten" zum Vorbild für seinen Film genommen. Besonders "Idioten" mit seiner Wildheit hatte es ihm angetan. Zur Freude der meisten Zuschauer baut Aron Lehmann seinen Film auf stimmungsvoller, manchmal kruder Situationskomik auf. In Saarbrücken waren viele Mitglieder des Filmteams anwesend und sagten, sie wären glücklich, wenn ihr Film den Publikumspreis bekäme. Tatsächlich erfüllten die Zuschauer den Wunsch mit einem Kreuz auf dem Stimmzettel, womit "Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel" es leichter haben wird, ins Kino zu gelangen. Der Publikumspreis ist ein Indikator für einen beliebten Film. Damit ist der Kinostart einer Komödie fast sicher, in der die Filmförderung massiv kritisiert wird. Nicht allen Filmen des Saarbrücker Festivals kann man das Prädikat "sehenswert" zubilligen. Wenig gelungen beispielsweise ist der Horrorfilm "Trapped" des Schweizer Regisseurs Philippe Weibel, der in Anlehnung an "Blair Witch Project" das grausame Schicksal einiger junger Leute in einer mysteriösen Landschaft schildert. Ähnlich wie in dem amerikanischen Vorbild wird auch hier die Angst vor den Geheimnissen des Waldes beschworen, aber die beabsichtigte Gruselstimmung erinnert eher an die vorhersehbaren Schrecknisse einer Geisterbahn. Gleich zwei Preise gewann Bettina Blümners "Scherbenpark". In ihm brilliert die 22-jährige Schauspielerin Jasna Fritzi Bauer, die zu recht die Auszeichnung als Beste Nachwuchsdarstellerin erhielt. "Scherbenpark" ist eine Romanverfilmung, Alina Bronsky schrieb das gleichnamige Buch 2008. Katharina Kress formte daraus ein Filmskript, das den Fritz-Raff-Drehbuchpreis des Festivals bekam. Die Jury entschied sich ausnahmsweise für ein Drehbuch, das kein Originaldrehbuch ist. Die Hintergründe für diesen ungewöhnlichen Schritt wurden auf dem Festival erklärt: Die Jury nahm sich sogar die Zeit, den Roman zu lesen und entdeckte, dass das Drehbuch von der Vorlage abweicht, eigene Akzente setzt.
Einige Kritiker werfen dem Film "Scherbenpark" vor, mit dem Mordmotiv das Anliegen des Films zu vergröbern. Sicher, die Filme auf dem 34. Filmfestival Max Ophüls Preis waren oft mit unnötiger Brutalität überfrachtet, aber der Mord in "Scherbenpark" ist der Ausgangspunkt der Handlung. Und die Realität lehrt uns auch: Tötungsdelikte geschehen immer wieder in Familien.
Einen weiteren Brüderkonflikt, aber einen humorvollen, schildert die skurrile Komödie "Grey Sheep". Beim Max Ophüls Preis durfte auch gelacht werden. Zwei Halbbrüder kennen sich noch nicht, als der gemeinsame Vater im Sterben liegt. Also reist der junge Taugenichts Lucas (Daniel Hayek) zum Bruder Jonathan (Chase Hemphill), einem erfolgreichen Schönheitschirurgen, um ihn zum Sterbebett des Vaters zu bringen. Was nun an verbalen Auseinandersetzungen folgt, ist mit dem Begriff Geschwisterrivalität nur ungenügend beschrieben. "Grey Sheep" enthält zahlreiche komische Momente. Die Schönheitsindustrie wurde selten besser in einem Film infrage gestellt. Ein Film in englischer Sprache mit Untertiteln, Regisseur Nicolai Schwierz drehte in den USA mit amerikanischen Schauspielern.
Voller Stolz präsentiert Hochmair seinem Onkel einmal das im Auftrag des Wiener Burgtheaters von ihm angefertigte, ihn glorifizierende Porträt. Saabel nutzt es in der nächsten Szene als Zielscheibe, um als Messerwerfer fit zu bleiben. Denn Saabel möchte seine Meinung bekräftigen, der Neffe verliere sich in seinen Rollen. Die Menschlichkeit sei ihm abhanden gekommen. Saabel unterstützt Hochmairs slowenischen Nachbarn dabei, die Ehefrau über die Grenze zu schmuggeln – eine Randgeschichte, die nicht nötig wäre, um die Intention des Films zu vermitteln. Die Jury, bestehend aus den Schauspielern Ina Weisse und André Hennicke, der Casterin Suse Marquardt, dem Vorjahressieger Markus Schleinzer, Regisseur des Films "Michael", und dem Filmjournalisten Peter Claus, vergab den Hauptpreis an den Film "Der Glanz des Tages". Sicher hat dabei eine Rolle gespielt, dass die Filmschaffenden der Jury in dem Film die glänzende Wiedergabe der Problematik des Schauspielerdaseins gesehen haben. Die zweitwichtigste Auszeichnung des Festivals, den Preis der saarländischen Ministerpräsidentin, erhielt "Talea", ebenfalls ein österreichischer Film, ebenfalls mit Philipp Hochmair, diesmal in der Rolle eines Hoteliers. Talea ist das italienische Wort für Steckling. Das ist der Teil einer Pflanze, der neue Wurzeln schlägt. Die 14-jährige Jasmin (Sophie Stockinger) soll mit ihrer Pflegefamilie in die Sommerferien fahren. Sie haut ab, denn das Mädchen möchte die Zeit lieber mit der leiblichen Mutter Eva (Nina Proll) verbringen. Diese war im Gefängnis. Bei einer gemeinsamen Reise kommen sie sich wieder näher. Bei Katharina Mücksteins Langfilmdebüt reicht es nur zum Fernsehfilm-Format, was aber durch hervorragende Schauspieler und eine klug durchstrukturierte Geschichte kompensiert wird.
Als Murat Kurnaz in Guantanamo einsaß, berichteten die Medien vom "Bremer Taliban". Latent schwang mit, und der Leser, beeindruckt durch den 11. September, teilte die Meinung: Kurnaz ist schuldig. In den Reportagen wurde nicht geschildert, wie es Kurnaz im US-Lager erging. Dies zeigt jetzt "Fünf Jahre Leben", basierend auf Kurnaz' Buch "Fünf Jahre meines Lebens". Gedreht hat den Film, eine Diplomarbeit an der Filmakademie Baden-Württemberg, Stefan Schaller, der schon während der Inhaftierung von Kurnaz mit dessen Bremer Anwalt Kontakt aufgenommen hatte. Dass es ein Langfilmdebüt ist, merkt man nicht: Schallers Film ist professionell inszeniert. Seine Stärke sind die fast dokumentarische Authentizität und die wirklichkeitsnahen Dialoge. Als der Verhörspezialist Gail Holford (Ben Miles) ins Leben des Murat Kurnaz (Sascha Alexander Gersak) in Guantanamo tritt, setzt er einen besonderen Kontrast: Sein Hemd ist blütenweiß. Zuvor sah man Schmutz, Blut, Folter, Erniedrigung. Holford, das ist der erste Eindruck, scheint zivilisierter zu sein als die amerikanischen Soldaten. Aber bald wird deutlich: Er ist der Schreibtischtäter, der mit allen Mitteln ein Geständnis benötigt. Kurnaz soll zugeben, dass er zu den Taliban wollte. Also lässt Holford weiter foltern und erniedrigen. Nicht nur Kurnaz. Aber Kurnaz verweigert, im Gegensatz zu anderen, ein Geständnis. Also muss er länger leiden. Seine Würde wird verletzt, doch sein Überlebenswille nicht gebrochen. Das Thema des Films sind der Verlust der Rechtsstaatlichkeit, der Niedergang von Moral und Gesetz in der westlichen Welt. Die USA wollen Rache für 9/11 und ignorieren die Genfer Konventionen. "Im Zweifel für den Angeklagten" gilt nicht mehr. Es gibt keine Anklage und keinen Beweis für Kurnaz' Schuld. "Fünf Jahre Leben" wendet sich gegen ein Vorurteil von Justiz und Gesellschaft: Wer inhaftiert ist, müsse schuldig sein. Der Film belegt Kurnaz' Unschuld nicht, aber er drückt in Bildern, die lange nachwirken, die Erkenntnis aus: Wer das System Guantanamo mit seinen Repressalien ohne Geständnis durchhält, ist unschuldig.
Das diesjährige Filmfestival Max Ophüls Preis hat ein vielfältiges Spektrum des deutschsprachigen Nachwuchsfilms geboten. Im Wettbewerb waren fast alle Filmgenres vertreten, vom politischen Gegenwartsdrama ("Fünf Jahre Leben") über Familiengeschichten ("Scherbenpark", "Nordstrand") bis zu Komödien ("Kohlhaas", "Grey Sheep") und dem Horrorfilm ("Trapped"). Vielfältig auch die Machart der meisten Filme. Einigen Regisseuren, aber auch Drehbuchautoren kann man eine große Zukunft vorhersagen. Das diesjährige Filmfestival Max Ophüls Preis meldet mit 42.000 Besuchern wieder eine Rekordzahl an Zuschauern. Quelle der Fotos: siehe jedes einzelne Foto alle Preisträger 2013:
Max Ophüls Preis: Der Glanz des Tages Regie: Tizza Covi und Rainer Frimmel Filmpreis der saarländischen Ministerpräsidentin: Talea Regie: Katharina Mückstein Beste Nachwuchsdarstellerin: Jasna Fritzi Bauer (Film Scherbenpark) Bester Nachwuchsdarsteller: Max Mauff (Film In der Überzahl; Regie: Carsten Ludwig) Fritz-Raff-Drehbuchpreis: Scherbenpark Regie: Bettina Blümner Publikumspreis: Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel Regie: Aron Lehmann Preis der Schülerjury: Fünf Jahre Leben Regie: Stefan Schaller Kurzfilmpreis: Gruppenfoto Regie: Mareille Klein Publikumspreis Kurzfilm: Meine Beschneidung Regie: Arne Arends Interfilmpreis: Fünf Jahre Leben Regie: Stefan Schaller Preis für Mittellange Filme: Stufe Drei Regie: Nathan Nill Dokumentarfilmpreis: Dragan Wende - West-Berlin Regie: Dragan von Petrovic und Lena Müller Förderpreis der DEFA-Stiftung: Der Kapitän und sein Pirat Regie: Andy Wolff
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