21.05.2020

Wie das Leben so spielt

Ficken (in allen denkbaren Variationen) ist sicherlich das meist gebrauchte Wort in "Wie das Leben so spielt". Es kommt so häufig vor, dass ein etwas älterer Filmkritiker in der Reihe vor mir pikiert anmerkte, dass der mit 146 Minuten recht lange Film gut "eine halbe Stunde" kürzer wäre, würde man das F-Wort streichen. Auf den weiteren Rängen der Wortfrequenz findet sich allerdings nicht minder harter Tobak: Schwanz, Schwuchtel und Eier (die haarigen) beispielsweise.

Dennoch ist "Wie das Leben so spielt" von Judd Apatow, der im Original lakonisch-unverbindlich "Funny People" heißt, der bisher reifste Film mit Adam Sandler – von "Punch-Drunk Love", diesem kleinen, irren Meisterwerk, einmal abgesehen. Und es ist durchaus möglich, dass Sandler mit dieser tragischen Komödie auf ähnliche Weise seriös wird wie sein Kollege Jim Carrey zehn Jahre zuvor mit Milos Formans "Der Mondmann".

Die derbe Wortwahl des Drehbuchs ist der Profession der beiden Protagonisten geschuldet: George Simmons (Sandler) und Ira Wright (Seth Rogen) sind Stand Up-Comediens – ersterer (der auch eine gefeierter Komödien-Star ist) am scheinbaren Ende, zweiter am erhofften Anfang seiner Laufbahn. Zu Beginn des Films erhält Simmons eine Diagnose über nahezu unheilbare Leukämie und schnell wird ihm klar, dass er zwar über alle Maßen reich und berühmt ist, aber keine wahren Freunde hat. Die zufällige Begegnung mit Ira bringt die Handlung in Gang, die von Freundschaft, Ruhm, dem American Dream, kleinen und großen Stars erzählt – alles in allem vom Leben und wie es eben so spielt.

Das Drehbuch ist relativ disparat angelegt, lugt mal hier und mal dort hinein, mäandert zwischen verschiedenen Lebenswelten und wagt gegen Ende einen dramaturgischen Beinahe-Stillstand, der in ein gediegenes Happy End – ein wunderschönes übrigens – überführt wird. Der Erzählfluss ist dabei unaufgeregt, entschleunigt und leise, ein Geplänkel beinahe – die Inszenierung zurückhaltend und präzise. Der charmante Humor des Films könnte kaum besser eingesprengselt sein und legt viele kleine, wahre Momente frei. Ganz beiläufig und unverkrampft unterhält "Wie das Leben so spielt" dann noch durch zahlreiche Seitenhiebe auf das Showgeschäft, auf Sitcoms, Hollywood-Komödien und Star-Allüren, wobei Prominente wie Eminem oder Eric Bana sich nonchalant auf die Schippe nehmen.

Eine zusätzliche Lesart steuert der biographische Hintergrund bei: Sandler und Judd Apatow lebten zu Beginn ihrer Karrieren in einer Wohngemeinschaft und eine ebensolche wird in "Wie das Leben so spielt" zu einem wesentlichen Handlungsort. In der realen WG sind auch die Videoaufnahmen von Telefonscherzen entstanden, die den Film eröffnen und einen ganz jungen, kichernden Adam Sandler zeigen. Erst am Ende, in der allerletzten Einstellung, hat Sandlers Figur diese Unbekümmertheit vom Anfang wiedergewonnen. Für die zweieinhalb Stunden dazwischen gibt der Lennon-Song vom Abspann den Takt an: "I'm just sittin' here watchin' the wheels go round'n'round."



Diese Filmkritik ist zuerst erschienen bei fluter.de.

 

Christian Horn



Filmdaten

Wie das Leben so spielt
(Funny People)

USA 2009
Regie & Drehbuch: Judd Apatow;
Darsteller: Adam Sandler (George Simmons), Seth Rogen (Ira Wright), Leslie Mann (Laura), Eric Bana (Clarke), Jonah Hill (Leo Koenig), Jason Schwartzman (Mark Taylor Jackson), Aubrey Plaza (Daisy Danby), Maude Apatow (Mable), Iris Apatow (Ingrid), RZA (Chuck), Aziz Ansari (Randy), Torsten Voges (Dr. Lars), Paul Reiser als er selbst, Sarah Silverman als sie selbst, Eminem als er selbst, Justin Long u.a.;
Produzenten: Judd Apatow, Barry Mendel, Clayton Townsend; Kamera: Janusz Kaminski; Musik: Michael Andrews, Jason Schwartzman; Schnitt: Craig Alpert, Brent White;

Länge: 146 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; deutscher Kinostart: 17. September 2009



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