08.11.2016
Was Männer sonst nicht zeigen
Ein Dokumentarfilm, der schon vor sechseinhalb Jahren in den finnischen Kinos lief und eine beachtliche Karriere auf Filmfestivals gemacht hat, findet jetzt den Weg zu uns. In Skandinavien war er ein Publikumserfolg, handelt er doch von Menschen im der Finnen liebsten Aufenthaltsraum: der Sauna. Der Film spielt mit der wort- und sprichwörtlichen Selbstentblößung finnischer Männer. Diese sind normalerweise wortkarg, siehe die Filme der Kaurismäki-Brüder. In der Sauna öffnen sie sich und erzählen aus ihrem Leben. Der Film zieht aber nicht. Denn er bleibt keinem der Protagonisten lange treu, sondern zappt bald zur nächsten Sauna irgendwo anders und der nächsten nackten Personenkonstellation. Alle berichten darüber hinaus in monotoner Sprechweise von sich, was den Zuschauer langweilen kann. Auch die einzelnen Saunaräume sind nicht der Star des Films. Man sieht zu wenig von ihnen.
Der deutsche Saunabund e.V. nennt derzeit 2354 öffentliche Saunen in Deutschland. Das ist noch gar nichts im Vergleich mit Finnland. Dort werden Wohnwagen, Erntemaschinen, gar Telefonzellen mal soeben zur Minisauna umfunktioniert. Dies zeigt der Film genüsslich. Jede mögliche Räumlichkeit, in der der Ofen für eine Etwa-90-Grad-Celsius-Temperatur angeworfen wird, ist zwischen die einzelnen Sequenzen mit nackten Protagonisten geschnitten. Zum Beispiel Arbeiter, die sich in der Sauna direkt am Arbeitsplatz, im Wagen, vom Schaffen erholen. Und reden. Zum Beispiel ein Ehepaar, das Birkenzweige mitgebracht hat. Zum Klopfen auf den Rücken. Gut für den Kreislauf. Und die beiden reden. Zum Beispiel ein Mann, der einem anderen Mann berichtet, wie er sein zweijähriges Kind verlor. Die am ehesten in die Tiefe gehende Sequenz. Das Manko des Films ist: Der Zuschauer erfährt trotz viel Redens nichts. Der Film verschwitzt regelrecht das Ursächliche, was ein Leinwandwerk auszeichnet: Interesse am Gesprochenen zu wecken. Man bekommt als Zuschauer den Eindruck, alle Beteiligten wären gleich, sie reden ähnliches, in ähnlicher Monotonie – bis auf den Mann mit dem toten Kind. Wer Angela Schanelecs Spielfilm "Orly" (2010) gesehen hat, kann erahnen, worauf er sich bei "Was Männer sonst nicht zeigen" einlässt: Auch dort, in dem deutschen Film, der in den Gebäuden des gleichnamigen Pariser Flughafens spielt, sprechen Menschen flüchtig miteinander, doch der Zuschauer bekommt nicht viel mit auf den Weg. Fazit: Dann doch mal wieder lieber selber ab in die Sauna. Und ins Schwitzen geraten. Michael Dlugosch /
Wertung: * *
(2 von 5)
Quelle der Fotos: temperclayfilm Filmdaten Was Männer sonst nicht zeigen (Miesten vuoro) Alternativtitel: Was Männer sonst nicht zeigen - Geschichten aus der finnischen Sauna
Finnland/Schweden 2010 Länge: 83,37 Minuten; FSK: ab 6 Jahren; ein Film im Verleih von temperclayfilm; deutscher Kinostart: 10. November 2016
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