24.08.2011

Drei Könige

Morgen wird alles besser

Gemeinsam machen sie sich auf die Reise: drei Könige, zwei blonde und ein dunkelhaariger. Lang und beschwerlich ist der Weg, der vor ihnen liegt. Am Ende der Strapazen wartet die Erlösung, von Hunger, Armut und Vernachlässigung. "Morgen wird alles besser" glauben der kleine Petya (Oleg Ryba), sein großer Bruder Vasya (Evgeny Ryba) und ihr Gefährte Lyapa (Akhmed Sardalov) fest. Als Bettler ziehen die zerlumpten kleinen Helden von Dorota Kedzierzawskas malerisch-zärtlichem Kinderfilm los. Zurückkehren wollen sie als Könige. Alle sind Könige im goldenen Westen. Auf ihrer gefahrvollen Reise dorthin haben die drei nur einander und die Hoffnung, dass es morgen besser sein wird.

In einer Bahnhofshalle beginnt das außergewöhnliche polnische Road Movie. Der Bahnhof dient den Jungen nur zum Übernachten. Den Zug nehmen können sie nicht. Lyapa und die beiden Brüder haben weder Papiere noch Verwandte, die sich um sie kümmern. Eine Nacht verbringen sie bei einem Alten (Zygmunt Gorodowienko), der sich Großvater nennt. Ob er dies ist und von wem, bleibt unklar. Woher die drei kommen, verrät "Morgen wird alles besser" nicht. Die Schicksale der Kinder deuten sich in ihrem rauen Umgangston und den Kriegsspielen an. Erschießen, zur Militzia gehen, Deckung suchen. Die Geschichte erzählt Kedzierzawskas ganz aus der Sicht der Kinder. Wie die Protagonisten blickt die Filmhandlung immer nach vorn, niemals zurück.

Eingesperrt in einer Nussschale, doch von unendlichem Gebiet

Im Zentrum von "Morgen wird alles besser" steht die ungeheure Entschlossenheit der Kinder. Dass ihr beeindruckender Mut zur Veränderung aus bitterster Verzweiflung geboren sein muss, lassen die schwelgerischen Kamerabilder Arthur Reinharts beinahe vergessen. Fast zu einfach erscheint der Fußmarsch der Jungen, die ausgehungert und verwahrlost rein physisch kaum in der Lage zu dem Fußmarsch über die russische Grenze scheinen. Nie geschieht etwas Schlimmes, niemand, dem die drei begegnen, ist wirklich schlecht. Die verhärmten Leute schimpfen auf die kleinen Bettler, tun unwirsch und geben dann doch etwas. Obwohl sie selbst kaum genug haben, in dem ausgebluteten Land, wo Brot und Käse schon ein Festmahl sind. Die bezaubernde Landschaft droht zum surrealen Idyll zu werden. Doch das Titelversprechen ist trügerisch.

Der ruhige Kinderfilm ist kein Abenteuermärchen, sondern eine bitter-süße Tragödie. Traurigster der melancholischen-zärtlichen Momente, welche die Jungen begleiten, ist ihr Aufeinandertreffen mit dem eigenen Wunschtraum. Nicht mehr rauchen, sich benehmen, um nichts bitten, nehmen sich Petya, Vasya und Lypata vor. Nur um das eine: bleiben zu dürfen. Doch die ideellen Gaben, die sie bringen, sind nicht gefragt. Eine freundliche Hand, die sich ihnen entgegenstrecken will, wird niedergeschlagen, die andere ist durch Vorschriften gefesselt. Böse sind die Menschen auch hier nicht, nur genauso machtlos gegen das Gesetz wie in Russland. Die Worte Petyas, jenseits der Grenze sehe es genauso aus, erweisen sich als düster prophetisch. Es sei nun ihr Himmel, erklärt Vasya. Behalten dürfen sie ihn nicht.

Selbst der bescheidene Traum vom "Morgen wird alles besser" ist zu schön, um wahr zu sein. Das tragisch-süße Drama macht eine Kehrtwende zurück in die ungeschönte Realität, als ein Polizeiauto sich auf der Landstraße wendet. Nur ein trotziges Lachen bleibt den drei Kindern darin: Könige – für einen Tag.  

Lida Bach / Wertung: * * * * (4 von 5)



Filmdaten

Morgen wird alles besser
(Tomorrow Will Be Better / Jutro bedzie lepiej)

Polen / Japan 2010
Regie & Drehbuch: Dorota Kedzierzawska;
Darsteller: Oleg Ryba (Petya), Evgeny Ryba (Vasya), Akhmed Sardalov (Lyapa), Stanislaw Soyka (Polizist), Zygmunt Gorodowienko (Alter Mann), Aleksandra Billewicz (Braut), Kinga Walenkiewicz (Puppengesicht) u.a.;
Produktion: Arthur Reinhart; Co-Produzenten: Takashi Niwa, Zbigniew Kula, Czarek Lisowski; Co-Produktion: Pioniwa Film, Tokyo; Non Stop Film Service, Warszawa; Film Ilumination, Warszawa; Kamera: Arthur Reinhart;

Länge: 118 Minuten; ein Film in der Sektion Generation Kplus der Berlinale 2011, Großer Preis des Deutschen Kinderhilfswerks



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