29.04.2012
"In order to use Your head You have to go out of Your mind."

The Substance
- Albert Hofmanns LSD


"Die vertrauten Gegenstände nahmen groteske, meist bedrohliche Formen an. Kaleidoskopartig sich verändernd drangen bunte phantastische Gebilde auf mich ein, in Kreisen und Spiralen sich öffnend und wieder schließend, in Farbfontänen zersprühend, sich neu ordnend und kreuzend, in ständigem Fluss."

Diesen Eintrag hielt der Schweizer Chemiker Albert Hofmann am 22. April 1943 in seinem Protokoll des Selbstversuchs eines neuentdeckten Derivats einer Säure des Getreidepilzes Mutterkorn fest.

"Purple haze all in my brain
Lately things just don't seem the same
Actin' funny, but I don't know why
'Scuse me while I kiss the sky"

The Substance - Albert Hofmanns LSD Diese Zeilen verfasste der amerikanische Musiker James Marshall Hendrix für den Song "Purple Haze" auf seinem 1967 erschienen Debütalbum. Welche Erfahrungen den besser als Jimi Hendrix bekannten Künstler dazu inspirierten, ist unklar. Die Ähnlichkeit der beschriebenen Gefühlsregung zu denen Hofmanns jedoch ist auffällig. Vielleicht verdankt er den unauslöschlichen Song demselben Stoff, dem Hofmann seinen unauslöschlichen Eindruck auf die Zeitkultur und das moderne Bewusstseinsverständnis machte. Der Tropfen des farblosen geruchlosen Stoffs, von dem Regisseur Martin Witz dem Zuschauer eine Kostprobe gibt. "The Substance“ nennt sein anschauliches Dokument das von Hofmann entdeckte Lysergsäurediethylamid, kurz LSD.

Jeder, der sich dem hingebe, sei einfach nur ein Idiot, glaubte der damalige Gouverneur Ronald Reagan. Der Psychologe und Autor Timothy Leary sah das Tor zu einem neuen Bewusstsein in dem Erlebnis, das der Prager Psychiater Stanislav Grof als Modell einer Psychose beschreibt. Eine Winzigkeit Wahnsinn, geträufelt auf ein Zuckerplättchen oder ein Stück Papier. Einnehmen, aussteigen und dann? Um neben den gesellschaftlichen Auswirkungen von LSD auch die psychischen nachvollziehbar zu machen, schwelgt die Kamera in einem fesselnden Rausch aus Archivmaterial, das faszinierende Facetten von Sub- und Gegenkultur, Normierung und Nonkonformismus in seinem dokumentarischen Prisma bündelt.

The Substance - Albert Hofmanns LSD Am schillerndsten zeigen sich darin weder die psychedelischen Reminiszenzen an die Hippie-Ära, noch die wissenschaftlichen Diskurse, sondern ein ausführliches Interview mit dem 2008 verstorbenen Albert Hofmann. "Ein Stoff, wenn der einmal in der Welt ist, dann hat man das nicht mehr in der Hand", beschreibt der Entdecker selbst die Machtlosigkeit angesichts der sich verselbstständigenden Auswirkungen seiner Entdeckung. Dass die Komplexität der Materie und die Uferlosigkeit des psychischen Taumels sie unweigerlich sprengen muss, tut der Lebendigkeit der kosmisch-sinnlichen, medizinisch-strengen Historiografie keinen Abbruch. Das größte Geschenk, das die Menschen überhaupt hätten, sagte Hofmann einmal, sei das Bewusstsein. Seinen Mysterien etwas näher zu rücken, ist die filmische Erkenntnis, die "The Substance" birgt.  

Lida Bach / Wertung:  * * * (3 von 5) 
 

Quelle der Fotos: mindjazz pictures

 
Filmdaten 
 
The Substance - Albert Hofmanns LSD  
 
Schweiz 2011
Regie & Drehbuch: Martin Witz;
Produktion: Ventura Film; Produzenten: Elda Guidinetti, Andres Pfaeffli; Co-Produzenten: Carl-Ludwig Rettinger, Peter Luisi; Kamera: Pio Corradi; Musik: Marcel Vaid; Schnitt: Stefan Kälin;

Länge: (Laufzeit 24fps, d.h. im Kino:) 96,21 Minuten, (Laufzeit 25fps, d.h. im Fernsehen:) 92,38 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von mindjazz pictures; deutscher Kinostart: 17. Mai 2012



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<29.04.2012>


Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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