17.06.2013
Nacht der langen Messer

The Purge
- Die Säuberung


The Purge - Die Säuberung: Ethan Hawke Nicht nur sauber, sondern rein. Das ist die amerikanische Gesellschaft der nahen Zukunft. Die Arbeitslosigkeit liegt unter einem Prozent, die Kriminalitätsrate auf einem historischen Tief. Und dennoch wünscht der Erfolgsunternehmer James Sandin (Ethan Hawke) seinen Nachbarn nicht nur aus einer Höflichkeits- und Werbefloskel heraus "Eine sichere Nacht". Die, die seine Frau Mary (Lena Headey), Tochter Zoey (Adelaide Kane) und ihren kleinen Bruder Charlie (Max Burkholder) erwartet, ist "ein legales Ventil für die amerikanische Wut". Staatlich instituierte Universalamnestie lädt während "The Purge" zwölf Stunden lang zu Gewalt und Verbrechen – ohne Konsequenzen.

An dem dunklen Pendant eines Nationalfeiertags vertrauen James und seine Familie auf die marktführende Sicherheitstechnologie, deren Verkauf ihnen den festungsartigen Wohnsitz in dem Nobelbezirk gebracht hat. Zu welchem Preis, lehrt sie "The Purge". Als Charlie einem Hilfe suchenden Fremden (Edwin Hodge) Zuflucht gewährt, verlangen dessen vornehme Verfolger seine Auslieferung. Perfide Freundlichkeit und Eliteuniformen verhießen schon in "Funny Games" Übles und Masken wecken bedrohliche Erinnerungen an "The Strangers". Ebenso gefährlich wie die Mordlust der ungebetenen Besucher ist die unkontrollierte Paranoia innerhalb des Familienheims. "Das ist unser Zuhause. Unsere Kinder leben hier und wenn jemand versucht hier einzudringen, erschießt du ihn!", gebietet James, der kaum mehr Skrupel zeigt als seine Belagerer.

"The sun beams down on a brand new day
No more welfare tax to pay..."

The Purge - Die Säuberung Der Eindruck, James DeMonaco ließe ein originelles Ausgangsszenario in einen gewöhnlichen Home-Invasion-Thriller münden, trügt. Der Regisseur und Drehbuchautor hat mehr auf der sozialpolitischen Agenda als die Idealisierung familiären Zusammenhalts gegenüber einem äußeren Feindbild. Letztes existiert in seinem Thriller wie in jedem Invasionsszenario von "Kaltblütig" bis "Kevin Allein zu Haus", doch steht es nicht erst mit dem jungen Psycho in Privatschuluniform (Rhys Wakefield) und seiner blutdurstigen Bande vor der Tür. Es wohnt dahinter. Diejenigen, die sich ihren Platz auf der sicheren Seite der arrivierten Villengegend erst erarbeiten mussten und von der präsentierfreudigen Perfektion der Nachbarn noch entfernt sind, sind die Sandins selbst. "Vor ein paar Jahren konnten wir kaum die Miete aufbringen", bemerkt James, den der ungewohnte Reichtum noch immer fasziniert. Materielle Sicherheit ist gleich persönliche Sicherheit. Darin unterscheidet sich die reale Welt nicht von der des Films, der ein (Wohlstands)Modell in ein Extrem treibt, das der alltäglichen Gesellschaftsschere nicht allzu fern ist.

The Purge - Die Säuberung Der mehrdeutige Titel ist ein Nachhall der systemkritischen Motive, die der Plot letztendlich nur anreißt. Die sozialkonform mordenden Bürger reinigen sich durch ihre Taten von Aggressionen und werden im gleichen Moment durch Staatssanktion von jeder Rechtsschuld rein gewaschen. Was innerhalb der Handlung in Medienbeiträgen als Zugeständnis der "Neuen Gründerväter" an barbarische Impulse des Menschen dargestellt wird, ist ökonomische Manipulationspolitik. Demagogische Radio- und Fernsehansagen ermuntern zum titelgebenden Ausschreitungsexzess, dessen Zielobjekte sie gleich mit vorgeben: Obdachlose, Bedürftige und soziale Außenseiter. All jene, von denen die Gemeinschaft nicht profitiert, haben ihren Platz darin verwirkt, lautet das grausame Prinzip der "Säuberung". Sie erklärt bereits durch ihren Namen unerwünschte Individuen zu Dreck. Von diesen menschlichen Makeln reinigt die Gesellschaft ihre strahlend weiße Weste in einem ritualisierten Blutbad, das längst doktrinäre Ausmaße angenommen hat. Das "Alles kann" ist ein Muss und wer sich nicht beugt wird potentiell das nächste Opfer.

"Behold the sparkle of champagne
The crime rate's gone, feel free again...
So let's get dressed and dance away the night."
(Dead Kennedys)

Das erfährt auch James, der mit seinem elitären Umfeld ein Quid pro quo eingegangen ist. Die soziale Sicherheit ihres Status gegen die technische Sicherheit seiner Wachanlagen. Sein fataler Fehler ist zu unterschätzen, wie exklusiv sein neuer Bekanntenkreis tatsächlich ist – und wie gut er dorthin passt.  

Lida Bach / Wertung: * * * (3 von 5) 

 
Filmdaten 
 
The Purge - Die Säuberung (The Purge) 
 
USA / Frankreich 2013
Regie & Drehbuch: James DeMonaco;
Darsteller: Ethan Hawke (James Sandin), Lena Headey (Mary Sandin), Max Burkholder (Charlie Sandin), Adelaide Kane (Zoey Sandin), Edwin Hodge (der Bedrohte), Rhys Wakefield (Fremder), Tony Oller (Henry), Arija Bareikis (Mrs. Grace Ferrin) u.a.;
Produktion: Michael Bay, Jason Blum, Andrew Form, Bradley Fuller, Sebastien Lemercier; Kamera: Jacques Jouffret; Musik: Nathan Whitehead; Schnitt: Peter Gvozdas;

Länge: 85,16 Minuten; FSK: ab 16 Jahren; ein Film im Verleih der Universal Pictures International Germany GmbH; deutscher Kinostart: 13. Juni 2013



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<17.06.2013>


Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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