04.08.2015
Taxi Teheran
![]() Jafar Panahi ist kein richtiger Taxifahrer. Er überlegt lange bis ihm der richtige Weg zum gewünschten Fahrtziel seines Gastes einfällt. Am Ziel angekommen möchte er von keinem Fahrtgast die Bezahlung entgegen nehmen. Panahi ist ein stiller und gutmütiger Begleiter von Fremden und Freunden. Manche erkennen gleich seine wahre Identität, andere wiederum stehen ihm nahe und lächeln ihm nickend beim Einsteigen zu. Für einige ist der Regisseur nur ein Statist ihres Auftritts während der kurzen Fahrt im Mikrokosmos des iranischen Spiegelbildes. "Taxi Teheran" ist auch kein richtiger Kinofilm. Der Zuschauer blickt zumeist durch eine kleine Handkamera, mal durch das Objektiv einer Digicam oder sogar durch die viel gerühmte Handykamera auf das bunte Treiben im Fahrzeug und rundherum. Über die plüschige Armatur blickt man auf ein stinknormales Stadtbild: Leute kommen und gehen, Autos bewegen sich in einem unaufgeregten Tempo durch die Straßen. Erst nach einigen Sekunden sieht man die Unterschiede, zunächst in kleinen Details: Frauen vollkommen in schwarzen Gewändern gehüllt und persische Schriftzeichen.
Da wäre noch die Wirklichkeit, die sich zwischen all diese Szenen zum Schmunzeln hereinschleicht. Zwischen all den Fahrgästen erscheint der Dialog Panahis mit seiner jungen, ungestümen Nichte Hana wie das philosophische Intermezzo über das Regisseurdasein in einer von Zensur erdrosselten Kultur. Wie soll man die Realität abbilden, wenn das Reale vollends zensiert wird? Hana versteht es nicht, auch wenn sie noch so sehr versucht, der Anforderung der Zensur gerecht zu werden. Man müsse doch die positiven Figuren von Kopf bis Fuß verändern, damit sie die richtigen Namen und das richtige Aussehen für einen vorzeigbaren Film haben. Ist es dann noch real? Die Todesstrafe für Verzweiflungstäter, die verbotenen Medien, die Folgen von Folter, die willkürlichen Verhaftungen, das ungerechte Erbrecht. Die harte Realität einer grausamen Diktatur zeigt sich im Film plötzlich, schlägt mit voller Härte zu und verschwindet so schnell wieder wie sie gekommen ist, denn der nächste Fahrgast bringt eine neue Geschichte. In dem kleinen Raum des Pkws zeigt Panahi Spuren des iranischen Lebens ohne die Leichtigkeit eines wohlwollenden Erzählers zu verlieren. Das Filmmaterial ist nicht hochtrabend, technisch nicht ausgefeilt, die Laiendarsteller wirken zuweilen hölzern.
Margarethe Padysz /
Wertung: * * * *
(4 von 5)
Quelle der Fotos: Weltkino Filmdaten Taxi Teheran (Taxi) Iran 2015 Regie, Drehbuch, Produzent, Kamera, Schnitt: Jafar Panahi; Darsteller: Jafar Panahi als er selbst u.a.; Länge: 85,32 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; ein Film im Verleih der Weltkino Filmverleih GmbH; deutscher Kinostart: 23. Juli 2015
Auszeichnung:
Artikel empfehlen bei:
![]() ![]() ![]() ![]() |
|