21.02.2000
Der Horrorfilm ist von den Toten wiedererweckt worden:

Sleepy Hollow 



Sleepy Hollow

Ein Film, auf den nicht nur hart gesottene Tim-Burton-Fans seit seinem letzten Werk "Mars attacks!" vor drei Jahren ungeduldig gewartet haben dürfen: Es gibt jede Menge Gründe, sich auf diesen Film zu freuen. Burton schafft mit "Sleepy Hollow" das Unglaubliche, so etwas wie den Gothic-Horror-Film zu Beginn des 21. Jahrhunderts wieder auferstehen zu lassen.


Somit in einer Zeit, in der so mancher glauben mag, es gäbe keinen Horror jenseits von Teenie-Schockern à la Wes Craven-Slasher-Filmen oder seelenlosen Blockbuster-Remakes wie "Die Mumie". Dieses kleine Wunder hätte wohl kein anderer zustande gebracht.

Auf der Erzählung "The Legend of Sleepy Hollow" von Washington Irving beruhend hat der Film weit mehr als eine bluttriefende, unheimliche Story zu bieten. "Sleepy Hollow" ist auch ein phantastisches Märchen verbunden mit einer Detektivgeschichte. Selbst einige Action - und Kampfszenen sind enthalten - samt einer recht langen Verfolgungsjagd.

Im Neuengland des 18. Jahrhunderts wird der eigentümliche Gendarm Ichabod Crane (Johnny Depp) ausgesandt, um eine Serie mysteriöser Mordfälle in der Kleinstadt Sleepy Hollow aufzuklären. Mehrere Menschen wurden bereits brutal enthauptet, und von den Stadtältesten wird behauptet, daß es sich bei dem Täter um den "Kopflosen Reiter" (Christopher Walken) handeln soll. Dies kann und will der rationale Ichabod Crane nicht so einfach hinnehmen und macht sich daran, eine andere Lösung der Mordserie zu finden. Er lernt die zauberhafte Katrina van Tassel (Christina Ricci) kennen und ist sich nicht sicher, ob er ihr bedingungsloses Vertrauen schenken kann oder ob auch sie in den Fall verwickelt ist. Schon bald wird er selbst Zeuge eines Mordes, und sein Auftreten ist nicht mehr so selbstsicher wie es vorher war...

Tim Burton schafft es erneut sämtlichen Vorbildern zu huldigen, ohne damit bei bloßer Kopie oder Imitation stehenzubleiben. Auch sich selbst zitiert Burton nicht ohne Augenzwinkern (gibt es eigentlich einen Burton-Film ohne die grinsende Halloween-Kürbisfratze?). Einiges vermag man da wiederzuerkennen, von den klassischen alten Schwarz-Weiß-Horrorfilmen bis zu den britischen Hammer-Horrorfilmen der 50er bis 70er. Für die steht nicht zuletzt der in Ehren ergraute Christopher Lee (bekanntgeworden durch seine Dracula-Darstellung) mit seinem kleinen, feinen Gastauftritt zu Anfang der Handlung. Spätestens an der Stelle der Tip, sich den Film - wenn möglich - im englischsprachigen Original zu Gemüte zu führen. Oder hatte jemand ein Einsehen und ließ den multi-lingualen Lee sich selbst synchronisieren?

"Wiedersehen macht Freude" denkt man sich auch bei einigen anderen Schauspielern, die hier beteiligt sind. Als romantischer Held und Detektiv ein wunderschöner Johnny Depp, dem wir ungehört Glauben schenken, daß er ebenso gern mit Burton zusammenarbeitet wie dieser mit ihm. Spätestens nach dem dritten Mal sind sie ein eingespieltes Team, bei dem jeder die Stärken des jeweils anderen kennt und zu nutzen weiß.

Christina Ricci übernimmt den romantischen Gegenpart. Sie konnte schon früh mit der "Addams Family" Erfahrungen im Horrorgenre machen. Aus dem Kinderstar ist längst eine junge professionelle Schauspielerin geworden, was sie jüngst in einigen Filmen unter Beweis stellen konnte - wie z.B. in "Pecker" von John Waters, Vincent Gallos "Buffalo 66" oder "The Opposite of Sex" von Don Roos. Mit Depp stand sie auch schon bereits in Terry Gilliams "Fear and Loathing In Las Vegas" vor der Kamera und wird bald wieder mit ihm zusammen drehen.

Des Weiteren wäre da kurz und schmerzlos (?) Martin Landau, der ebenfalls nicht zum ersten Mal mit Burton zusammenarbeitet: Für seine Rolle als Bela Lugosi in der biographischen Tragikomödie "Ed Wood" erhielt er einen Oscar. Viele der kleineren Rollen wurden mit britischen Darstellern besetzt, die vom Theater kommen. Ebenfalls Miranda Richardson, die Freunde der britischen Comedy als launische Königin Elisabeth aus der "Black Adder"-Serie kennen könnten.

Christopher Walken hat als der gruselige "Kopflose Reiter" den ersten Filmkuß seiner langjährigen Karriere und kann ein weiteres Mal in seiner Standardrolle als "bad guy" überzeugen.

Mit dabei ist auch der Stammkomponist Danny Elfman ("Simpsons"-Thema!), der mit seiner musikalischen Untermalung das oft ziemlich rasante Tempo des Films unterstützt.

Trotz der besagten Anlehnung an das Design und die Ästhetik der klassischen Horrorfilme haben Burtons Filme einen unverkennbar eigenen Stil. Er entwirft immer eine kleine, abgedrehte Welt fernab der Realität wie etwa die düstere Stadt in seinen zwei "Batman"-Filmen. "Sleepy Hollow" ähnelt thematisch und optisch am meisten seinen Vorgängern "Edward Scissorhands" / "Edward mit den Scherenhänden" (1990) und dem von ihm produzierten Animationsfilm "Nightmare Before Christmas" (1993). Neben Burtons offensichtlicher Faszination von allem, was düster und grotesk ist, kommt aber der Humor nie zu kurz in seinen Werken. Darin gleicht er Roger Corman, dessen Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen mit Burtons erklärtem Idol Vincent Price nie frei von Ironie waren.

Hier wird das Filmvergnügen mit herrlichen Kostümen und einer aufwendigen Dekoration abgerundet. Und wie so oft sind es insbesondere die Details, wie etwa das seltsame Handwerkszeug von Ichabod Crane, die sehenswert sind. 

Jessica Ridders / Wertung: * * * * * (5 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Paramount Pictures

 
Filmdaten 
 
Sleepy Hollow (Sleepy Hollow) 

USA 1999
Regie: Tim Burton;
Darsteller: Johnny Depp (Ichabod Crane), Christina Ricci (Katrina Van Tassel), Christopher Lee (Burgomaster), Christopher Walken (kopfloser Reiter), Martin Landau (Peter Van Garrett), Miranda Richardson (Lady Van Tassel), Michael Gambon (Baltus Van Tassel), Richard Griffiths (Magistrat Philipse), Ian McDiarmid (Dr. Lancaster), Michael Gough (Notar Hardenbrook), Alun Armstrong (Polizist) u.a.; Drehbuch: Kevin Yagher, Andrew Kevin Walker; Kamera: Emmanuel Lubezki; Musik: Danny Elfman; Länge: 100 Minuten;



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