18.09.2024

Samstagnacht bis Sonntagmorgen

In der Fabrik arbeiten, am Wochenende (daher der Filmtitel) Alkohol trinken, Sex haben, mit dem Bruder angeln gehen, danach wieder in der Fabrik arbeiten und so fort - das ist der ganze Lebensinhalt von Arthur (Albert Finney). Dazu gehört auch: cool sein, ein "Halbstarker" sein, wie eine ältere, von ihm stets angerempelte, angepöbelte Nachbarin treffend sagt. Die Frau, mit der Arthur zusammen ist, ist Brenda (Rachel Roberts), die mit einem Arbeitskollegen Arthurs verheiratet ist und ein Kind hat. Sie erwartet eines Tages ein weiteres - von Arthur, kein Zweifel, und dies durchbricht das ewig Wiederkehrende in seinem Leben, wie auch Arthurs Kennenlernen von Doreen (Shirley Anne Field), die er eher lieben wird als Brenda. Diese will das Kind nicht, und befürchtet, dass ihr Mann hinter das Geheimnis kommt, das Kind muss weg. Arthurs Probleme beginnen.

1960 gedreht, lässt sich der britische Film "Samstagnacht bis Sonntagmorgen" mit "Außer Atem", dem französischen Filmklassiker aus demselben Jahr, vergleichen. Beide Filme verabschiedeten "Papas Kino", die Seichtigkeit der Filme der Zeit, die Leinwand-Harmonie. Arthur ist von schmuddeligem Charakter, ein "angry young man", der aneckt, wo es nur geht. Der Film von Karel Reisz wurde zum Vorreiter des "British New Wave". Seine Schwäche: Die Ereignisse sind vorhersehbar. Seine Stärke: Er hat Power. Und von seinen Kräften hat er bis heute nichts verloren.

Wieso nur sieht der junge Albert Finney in seiner Rolle des Arthur Seaton genauso aus wie der junge Donald Trump? Ein Rüpel ist er, unbeherrscht, mit und ohne Alkoholeinfluss. Das Kuriose: Das macht ihn bei manchen Menschen zwar unbeliebt, andere aber reagieren auf seine Extrovertiertheit nicht mit Ablehnung - im Gegenteil, und das macht sich Arthur zunutze, um an Frauen heranzukommen. Diese gebraucht er, wie Brenda, ohne sie zu lieben. Sex ist ihm wichtig, aber Bindung nicht. Am Puls der Zeit war der Film damals damit, die Ehe wird abgelehnt, "Freundschaft plus" kam auf.

So, wie Arthur sich aufspielt, spielt Albert Finney in der Rolle des extrovertierten Aggressivlings groß auf. Solche Menschen, die wegen ihrer Expressivität auch noch den Erfolg bei Frauen haben, kennt man. Man hasst und bewundert sie. Dies sorgt dafür, dass der Film eine ungeheure Wirkung erzielt. Das Drehbuch schrieb Alan Sillitoe, von dem auch der gleichnamige Roman stammt. Er wurde zu Recht verfilmt. Man kennt auch was anderes: das Erzeugen von Problemen, die mit dem Doppelleben eines promiskuitiv lebenden Menschen einhergehen. Arthur muss einige Lösungen finden. Wie er das macht, auch wie er in den Schlammassel überhaupt rutscht, ist intelligent inszenegesetzt.

Das Ende des Films deutet an, dass Arthur mit Doreen zusammenziehen, eine Familie gründen könnte - im Einfamilienhaus. Eine Siedlung für diese Häuser entsteht. Beide besuchen sie. Arthur wirft einen Stein gegen das Plakat, das die Siedlung vorstellt. Aber er könnte sich doch domestizieren. Eines Tages. Vielleicht.  

Michael Dlugosch / Wertung: * * * * (4 von 5)



Filmdaten

Samstagnacht bis Sonntagmorgen
(Saturday Night and Sunday Morning)

GB 1960
Regie: Karel Reisz;
Darsteller: Albert Finney (Arthur Seaton), Shirley Anne Field (Doreen), Rachel Roberts (Brenda), Hylda Baker (Tante Ada), Norman Rossington (Bert), Bryan Pringle (Jack), Robert Cawdron (Robboe), Edna Morris (Mrs. Bull), Elsie Wagstaff (Mrs. Seaton), Frank Pettitt (Mr. Seaton), Colin Blakely (Loudmouth) u.a.;
Drehbuch: Alan Sillitoe nach seinem Roman; Produzent: Tony Richardson; Kamera: Freddie Francis; Musik: John Dankworth; Schnitt: Seth Holt;

Länge: 89 Minuten; westdeutscher Kinostart: 15. März 1961



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"Sie ist unermüdlich in ihrer Suche nach Perfektion. Sie arbeitet so lange an einer Figur, bis sie sie richtig erfasst hat."

Regisseur Anthony Page über die verstorbene Schauspielerin Maggie Smith (28. Dezember 1934 - 27. September 2024)

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