03.01.2019

Rock It!

"Hannah Montana" tut es, die Kids vom "High School Musical" und jene vom "Camp Rock" tun es ebenfalls: Sie alle singen und tanzen, und das mit beachtlichem kommerziellem Erfolg. Nun kommt ein Ableger dieser Musical-Filme direkt aus Deutschland, speziell für die heimischen Fans. Nur kann die deutsche Variante den amerikanischen Vorbildern in keiner Hinsicht das Wasser reichen und entpuppt sich schon nach wenigen Spielminuten als gescheiterte, erschreckend uninspirierte Kopie.

Julia (Emilia Schüle), 15 Jahre alt, begabte Pianistin und unsere Hauptfigur, gehört zu den Neuankömmlingen im renommierten Musik-Internat "Amadeus", das sich – der Name verrät es schon – der klassischen Musik verschreibt. Als Julia eine Probe der ortsansässigen Band "Rock it!" beobachtet, die freilich nichts mit den arroganten "Amadeus"-Schülern zu tun haben will (und umgekehrt), verguckt sie sich prompt in den süßen und gleichaltrigen Bandleader Nick (Daniel Axt). Wie der Zufall so will, springt der Keyboarder der Deutschrock-Band ab und die Jungs um Nick suchen Ersatz. Also vertauscht Julia das Klavier mit dem Keyboard, ihre brave Kleidung mit der neuesten H&M-Mode und überhaupt ihr ganzes harmloses Wesen mit dem eines jugendlichen Vamp, nennt sich Toni und rockt die Band. Das somit begonnene Doppelleben kann freilich nicht lange gutgehen, zumal die intrigante Betty (Vivien Wulf) Julias Geheimnis alsbald auf die Schliche kommt.

Julia, das ist das Kernproblem des Films, muss sich entscheiden: Soll sie die Erwartungen ihrer Eltern erfüllen oder auf ihr Herz hören? Klassik oder Rock? Unterbrochen wird diese Coming-of-Age-Geschichte, die von der Grundanlage an den ewigen Klassiker "Romeo und Julia" erinnert, mit besagten Tanz- und Gesangsszenen, die das Innere der Figuren auf unmissverständliche Weise nach außen kehren. Da die Geschichte von "Rock it!" ohne jedwede Überraschung oder Eigenständigkeit auskommt, hätte es an diesen Tanzszenen gelegen, das Gesicht des Films zu retten. Doch auch die wollen nicht so recht funktionieren, was wohl weniger an der Choreographie, als vielmehr an der lustlosen Inszenierung derselben liegt, die ob der hölzernen Montage fast nie Schwung aufkommen lässt, sondern sich auf mittelklassigem Fernseh-Niveau bewegt.

Das ekstatische Finale hingegen lässt dann doch so etwas wie Schwung aufkommen und schnell wird klar, dass der ganze Film nur auf dieses Finale hingearbeitet hat. Hier werden nicht nur alle Fronten geklärt, alle Karten neu verteilt, sondern der ganze Gefühlskitsch des Films in einem einzigen emotionalen Kollaps übersteigert. Die üblichen Gänsehaut-Tricks hier, ein Zitat aus "Der Club der toten Dichter" da, die Schmach der bösen Betty und schließlich eine groß angelegte Abschluss-Tanzeinlage: Und dann, endlich, der Abspann.



Diese Filmkritik ist zuerst erschienen bei fluter.de.

 

Christian Horn / Wertung: * (1 von 5)



Filmdaten

Rock It!


Deutschland 2010
Regie: Mike Marzuk;
Darsteller: Emilia Schüle (Julia), Daniel Axt (Nick), Maria Ehrich (Francesca), Vivien Wulf (Betty), Constantin Hochkeppel (Bernd), Jan Wannemacher (Ben), Ben Münchow (Bruno), Farina Flebbe (Sandra), Lucas Reiber (Marc), Rick Okon (Dennis), Remo Schulze (Phil), Petra Nadolny (Frau Bock), Markus Maria Profitlich (Hausmeister Lammer), Heio von Stetten (Herr Winterfeld), Katja Keller (Frau Winterfeld), Max Herbrechter (Nicks Vater), Oliver Korittke (Jugendclubleiter), Dieter Landuris (Francescas Vater), Elisabeth Romano (Francescas Mutter), Gesche Tebbenhoff (Frau Lilienthal) u.a.;
Drehbuch: Peer Klehmet, Sebastian Wehlings; Produzenten: Ewa Karlström, Andreas Ulmke-Smeaton; Kamera: Bernhard Jasper; Musik: Tobias Kuhn; Schnitt: Tobias Haas;

Länge: 99 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; deutscher Kinostart: 18. Februar 2010



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