27.12.2023
Zwischen Alltag und Lebensfreude
Perfect Days
Der Film "Perfect Days" von Wim Wenders erzählt einfühlsam und eindrucksvoll vom
scheinbar gewöhnlichen Leben eines Toilettenreinigers namens Hirayama, gespielt von Kôji
Yakusho. Jeder Tag des Protagonisten beginnt wie ein präzises Drehbuch: das frühe
Aufwachen, die fleißige Reinigungskraft draußen als eine Art natürlicher Wecker und die
alltägliche Routine von Zahnpflege bis zur Rasur. Jeden Morgen widmet der Hauptcharakter
besondere Aufmerksamkeit seinen Pflanzen, die er sorgfältig jeden Tag gießt. Die Kamera
verfolgt aufmerksam jede Bewegung, lässt keine Einzelheit im Alltag aus, sei es ein Bund
Schlüssel oder eine Getränkedose, die der Hauptcharakter jeden Morgen trinkt, als er in
seinen Minivan steigt, der ihm als Transportmittel dient, sowie der Schrank mit allen
Reinigungsmitteln.
Hinter dem Toilettenreiniger, der gewissenhaft auf die Sauberkeit jeder öffentlichen Toilette
achtet und höflich und geduldig auf der Seite wartet, während jemand "in Not" drinnen ist,
verbirgt sich ein ganzes Universum: ein tiefes Universum mit vielfältigen Interessen, sei es
eine große Sammlung von älteren Musikkassetten, Amateur-Landschaftsfotografie,
insbesondere von Bäumen, dem Beobachten von Passanten auf der Straße oder beim Stehen
im Stau, während eines seiner Lieblingslieder läuft, "Pale Blue Eyes" von The Velvet Underground.
In seinem Film, der um den Titel des besten internationalen Films bei den bevorstehenden Oscars kämpfen soll, spricht Regisseur Wim Wenders viele Themen an und vermittelt sie ans Publikum. Dazu gehören Einsamkeit, die Bedeutung des sozialen Status und die daraus resultierenden Einstellungen und Stereotypen sowie zweifellos die implizite Frage, die jeder von uns mindestens einmal im Leben gestellt hat: Was sind Glück und inneres Gleichgewicht? Worin besteht ihr Erreichen? Denn letztendlich formen sie diese "perfect days", die Tage, zu denen man immer wieder zurückkehren möchte, sie immer wieder erleben und man so sorgfältig wie möglich im Gedächtnis festhalten möchte. Gerade durch den Film versucht der Regisseur, die Idee durch den fast wortlosen Protagonisten Hirayama zu vermitteln, dass die Bedeutung darin besteht, irgendeine Aufgabe zu finden. Und die Tatsache, dass diese geliebte Arbeit auch darin bestehen kann, die Sauberkeit in öffentlichen Toiletten aufrechtzuerhalten, tritt in den Hintergrund. Das Glück liegt genau in den kleinen Dingen: beim Besuch eines öffentlichen Bades, dem Kauf von "neuen" und gleichzeitig gebrauchten Büchern, und wie sich herausstellt, beim gemeinsamen Fahrradfahren mit seiner Nichte, die sich plötzlich um einen Besuch bei ihrem Onkel "beworben" hat. Die junge Dame scheint vom Lebensstil ihres Onkels beeindruckt zu sein, der wie ein Schwamm seine Gewohnheiten aufsaugt und seinem Lebensstil folgen möchte. Der Wendepunkt im Film, bei dem der scheinbar lebensfrohe, tief respektvolle und wortkarge Toilettenreiniger mit der Ankunft der Mutter des Mädchens konfrontiert wird, die ihrer Tochter befiehlt, ihre Sachen zu packen und nach Hause zurückzukehren. Nach einer von der Schwester gestellten Frage an ihren Bruder, ob er wirklich Toiletten putzt, bricht der Hauptcharakter verzweifelt in Tränen aus, was auf die Bedeutung des sozialen Status hinweist. So entwickelt sich Wim Wenders' Geschichte über öffentliche Toiletten, die ursprünglich eine andere Konzeption hatte und die neuen von einem berühmten Architekten gebauten öffentlichen Toiletten präsentieren sollte, zu etwas Größerem: Zu einer Geschichte eines einfachen Menschen, der sich auf dem Niveau "unter dem Durchschnitt" zu befinden scheint. Aber gleichzeitig ist es genau auf diesem Niveau, auf das viele von uns abzielen, nämlich im Einklang mit sich selbst und seinem Leben. Somit lässt das Verfolgen des Mottos aus dem Film "Was vergangen ist, ist vergangen, jetzt ist jetzt" unseren Hauptdarsteller sich gut fühlen, wie im abschließenden Soundtrack des Films "Feeling Good" von Nina Simone, und verleiht ihm ein Gefühl von Zufriedenheit und innerem Gleichgewicht.
Polina Grechanikova
/ Wertung:
* * * * *
(5 von 5)
Filmdaten Perfect Days (Perfect Days) Japan/Deutschland 2023 Regie: Wim Wenders; Darsteller: Kôji Yakusho (Hirayama), Tokio Emoto (Takashi), Arisa Nakano (Niko), Aoi Yamada (Aya), Yumi Asô (Keiko), Sayuri Ishikawa (Mama), Tomokazu Miura (Tomoyama), Min Tanaka (Obdachloser); Drehbuch: Takuma Takasaki, Wim Wenders; Produzenten: Takuma Takasaki, Wim Wenders, Koji Yanai; Kamera: Franz Lustig; Schnitt: Toni Froschhammer; Länge: 123 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; deutscher Kinostart: 21. Dezember 2023
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