26.05.2023

Passione

John Turturro ist vor allem als Schauspieler bekannt, doch mit "Passione" legt er seine bereits vierte Arbeit als Regisseur vor. Darin reist er in sein Heimatland Italien und spürt der vielfältigen Musiklandschaft Neapels nach, einer Stadt, die vor allem für ihre Armut und hohe Kriminalitätsrate bekannt ist. Turturro macht aus diesem Stoff jedoch keinen Dokumentarfilm, sondern vielmehr ein Musical – die auf dem Kinoplakat verwendete Bezeichnung "A Musical Adventure" trifft den Ton und die Farbe des Films.

Der Regisseur selbst fungiert als Erzähler, der in die jeweiligen Musikstücke einleitet und dabei knappe und meist persönlich eingefärbte Hintergrundinformationen liefert. Kurze Interviewpassagen und sparsam eingesetztes Archivmaterial bilden darüber hinaus den Rahmen für das eher in die Breite als in die Tiefe gehende Kaleidoskop der neapolitanischen Musik. An einer analytischen Auseinandersetzung mit der Geschichte und den Charakteristika der lokalen Musik ist "Passione" wenig interessiert: Wie der Titel verrät, will John Turturro vor allem seiner Leidenschaft für die Musik Ausdruck verleihen und ebenjene in bunten und lebensfrohen Bildern auf den Betrachter übertragen.

Das Herzstück der Musical-Doku bilden die vielen Musikvideos, die kleine Geschichten erzählen und in denen stets auch Neapel selbst eine gewichtige Rolle einnimmt. Die Kamera fährt über zerschlissene Häuserfassaden und inszeniert die Interpret*innen vornehmlich auf öffentlichen Plätzen wie einem Gemüsemarkt oder einer typisch italienischen Seitengasse samt Hinterhof. Die Stadt Neapel, für deren gesellschaftliche Probleme "Passione" freilich kein Interesse zeigt, erscheint bei beinahe allen der vielen Musiker*innen als wesentliche Inspirationsquelle, als Muse und Mutterschoß. Wenngleich eine Internetrecherche innerhalb kürzerer Zeit fundierter über die Eigenheiten der neapolitanischen Musik aufklärt, gibt "Passione" einen greifbaren Einblick in die dortigen Klänge, indem er nicht nur Fakten präsentiert, sondern ein Gefühl für seinen Gegenstand vermittelt. Schlussendlich ist "Passione" daher nicht mehr und nicht weniger als ein musikalischer Liebesfilm über eine Stadt und deren Sound.



Diese Filmkritik ist zuerst erschienen bei fluter.de.

 

Christian Horn / Wertung: * * * (3 von 5)



Filmdaten

Passione
(Passione)

Italien/USA/Deutschland 2010
Regie: John Turturro;
Produzenten: Alessandra Acciai, Carlo Macchitella, Giorgio Magliulo; Kamera: Marco Pontecorvo; Schnitt: Simona Paggi;

Länge: 90 Minuten; deutscher Kinostart: 7. April 2011



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