deutscher Kinostart: 4. August 2005 Rezension publiziert: 6. April 2005 Einfühlsamer Film über Gewalt in der Ehe Öffne meine Augen
![]() Liebevoll und kenntnisreich erzählt Pilar (Laia Marull) ihrem Sohn Juan (Nicolás Fernández Luna) die antike Sage anhand eines Gemäldes. Sie probiert sich an ihrem Filius als Kunstführerin aus, denn sie steckt mitten in der Ausbildung. Die mythologische Liebesgeschichte spiegelt aber auch ihr eigenes Schicksal, denn auch ihr Mann Antonio (Luis Tosar) hat ein Problem mit seiner Selbstbeherrschung, auch er kann es nicht ertragen, wenn er den Überblick verliert. Dann rastet er aus, unterstellt seiner Frau all die schlechten Taten, die sein kümmerliches Ego ausbrütet. So ist denn auch die ruhige Szene mit der Bildbeschreibung erst in der Mitte des Films möglich. ![]() Regisseurin Icíar Bollaín, die auch am Drehbuch mitgeschrieben hat, zeigt die Geschichte über Gewalt in der Ehe zwar mit leicht pädagogischem Impetus, aber ohne jede Aufdringlichkeit. Stück für Stück legt sie die inneren Konflikte der Protagonisten frei. So erfährt der Zuschauer, dass Antonios Gewalt letztlich in seiner Schwäche und seinem geringen Selbstbewusstsein wurzelt. Als billiger Verkäufer im väterlichen Küchenfachgeschäft fristet er ein frustrierend perspektivloses Dasein. Er hält sich selbst für einen Versager und der Liebe seiner Frau für unwürdig. Pilars Untreue scheint also vorprogrammiert - so funktioniert Antonios kranke Logik. Indem Bollaín diese Hintergründe sichtbar macht, zieht sie den Zuschauer auf Pilars Seite, ohne Antonio zu verteufeln - was ja auch Pilar nicht vermag. Sowohl bei der Dynamik des Konflikts, als auch bei den Therapieszenen - Antonio nimmt an Gruppen- und Einzelgesprächen teil, offenbart die Regisseurin und Autorin ein erhebliches psychologisches Wissen. Zuletzt war das so überzeugend 1997 in dem Dogma-Film "Das Fest", des Dänen Thomas Vinterberg zu sehen.
Frank Zimmermann /
Wertung: *
* * * (4 von 5)
Quelle der Fotos: timebandits films Filmdaten Öffne meine Augen deutscher Arbeitstitel: ¿Alles Liebe? (Te doy mis ojos) Titel für den englischsprachigen Markt: Take my Eyes Spanien 2003 Regie: Icíar Bollaín; Darsteller: Laia Marull (Pilar), Luis Tosar (Antonio), Candela Peña (Ana), Rosa Maria Sardá (Aurora, Pilars Mutter), Nicolás Fernández Luna (Juan), Sergi Calleja (Therapeut), Dave Mooney (John) u.a.; Drehbuch: Icíar Bollaín, Alicia Luna; Produktion: Santiago García de Leániz; Co-Produktion: Enrique Gonzáles Macho; Schnitt: Ángel Hernández Zoido; Kamera: Carles Gusi; Musik: Alberto Iglesias; Länge: 107 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von timebandits films
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