25.08.2009

Der Mann im Mond

Moon

Moon: Sam RockwellSeit nunmehr drei Jahren befindet sich Sam Bell (Sam Rockwell) mutterseelenallein auf einer Mondstation, sein einziger Compagnon ist der Computer GERTY 3000 (in der Originalversion gesprochen von Kevin Spacey). Als er eines Tages eine Wartungsfahrt auf der Mondoberfläche unternimmt, verunglückt er und wacht einige Zeit später auf, um festzustellen, dass ein Doppelgänger an Bord ist. Hat er den Verstand verloren?

Dieses Rätsel wird bereits zu Anfang gelöst, sodass der Film sich auf das Wesentliche konzentrieren kann. Sam Bell ist ein Klon, und all seine Erinnerungen sind implantierte Elemente. Sein Doppelgänger wurde aktiviert, da man ihn für tödlich verunglückt hielt und so einen Ersatz für die Mondbasis benötigte. Mit einem Mal wird ihm seine Identität entrissen, denn er ist nicht der, für den er sich hielt. Die Frage stellt sich, ob er überhaupt 'jemand', ein Mensch ist. Fieberhaft suchen die beiden Sams nach einer Lösung. Die Suche wird zu einem Wettlauf gegen die Zeit, da ein Wartungsschiff unterwegs ist, das sicherlich keine zwei Klone auf einmal dulden würde.

Die Anleihen an Filme wie "2001: A Space Odyssey" (Regie: Stanley Kubrick, 1968) und "Solaris" (Andrej Tarkowski, 1972) sind auf ästhetischer und diegetischer Ebene unübersehbar, wirken aber weder gestelzt noch kitschig. Wie diese beiden Filme wirft "Moon" Fragen über den Sinn des Lebens auf, die er – ebenfalls wie seine Vorbilder – nicht so recht beantwortet. Der Zuschauer wird fast gezwungen, sich allein schon aufgrund der deprimierenden Atmosphäre mit diesem Stoff zu beschäftigen.

Moon Die Handlung verläuft im Stil eines Tarkowski-Films eher langsam, es gibt keine großen Schockeffekte oder Überraschungen, dafür dauert er aber auch nicht drei Stunden. Diese Aussage mag den Eindruck erwecken, der Film sei langweilig oder gar schleppend, doch ist dies keineswegs der Fall. Im Gegenteil: die ruhige Entwicklung der Ereignisse erzeugt erst eine profunde Tiefgründigkeit. Man mag den Vorwurf erheben, die dramaturgische Schwäche des Filmes liege darin, dass er die überraschende Wende (die Existenz der Klone) direkt zu Beginn ausspielt. Allerdings funktioniert er trotzdem – oder eventuell gerade deshalb.

Die Tonebene spiegelt die desolate Stimmung des Films. Der filmische Raum ist erfüllt von konstantem Brummen und dem gelegentlichen Piepsen der Bordcomputer. Untermalt wird die Atmosphäre von Clint Mansells repetitivem Score, dessen Triolen wie das ewige Stellen existenzieller Fragen anmuten. Mansell, der bereits für so emotional aufwühlende Filme wie "Requiem For A Dream" und "The Wrestler" die Filmmusik schrieb, hat hier eine Partitur komponiert, die so eingängig ist, dass sie in den Ohren des Zuschauers nachhallt.

Moon Regisseur Duncan Jones, Sohn des Sängers David Bowie, hat ein ausgereiftes Regiedebüt hingelegt, das eher für ein erwachsenes, anspruchsvolles Publikum denn für actionliebende Film-Aficionados geeignet ist. "Moon" zeigt die Signifikanz der Identität, der Zugehörigkeit und somit auch der Heimat. Sam wünscht sich nichts sehnlicher als nach Hause zurückzukehren, doch eben dies wird ihm verwehrt. GERTY hilft ihm zwar in allen möglichen Situationen, doch ausnahmsweise nicht beim "nach Hause telefonieren" (für alle die sich gerade nicht in ihre Kindheit zurückversetzt fühlen: Gerty ist das von der sehr jungen Drew Barrymore gespielte kleine Mädchen in Steven Spielbergs "E.T.").

Endlich befasst sich ein Science Fiction-Film auch einmal wieder mit einem Thema, das seit jeher kennzeichnend für das Genre ist, indem er die moralischen Grenzen von Wissenschaft und Technik zur Diskussion freigibt.

2009 scheint schon jetzt das Jahr der herausragenden Science Fiction-Filme zu sein; es wurde auch mal wieder Zeit!  

Jana Toppe / Wertung: * * * * * (5 von 5)

Quelle der Fotos: Koch Media


Filmdaten

Moon
(Moon)
GB 2009
Regie: Duncan Jones; Drehbuch: Nathan Parker nach einer Originalstory von Duncan Jones; Produktion: Stuart Fenegan, Trudie Styler; Co-Produktion: Mark Foligno, Alex Francis, Steve Milne, Nicky Moss; Kamera: Gary Shaw; Musik: Clint Mansell;
Darsteller: Sam Rockwell (Sam Bell), Kevin Spacey (Stimme von GERTY in der Originalversion), Matt Berry (Overmeyers), Robin Chalk (Sam), Dominique McElligott (Tess Bell), Kaya Scodelario (Eve Bell), Malcolm Stewart (Techniker), Benedict Wong (Thompson) u.a.

Länge: 97 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; deutscher Kinostart: 15. Juli 2010



Artikel empfehlen bei:  Mr. Wong Delicious Facebook  Webnews Linkarena  Hilfe

© filmrezension.de

home
  |  regisseure/schauspieler   |  e-mail
 über uns  |  impressum  


 
Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

Drucken

Artikel empfehlen
Mr. Wong Delicious Facebook Webnews Linkarena 
Hilfe