29.07.2016

Man lernt nie aus


Der 70-jährige verwitwete Rentner Ben Whittaker (Robert De Niro) fühlt sich noch rüstig und fit und ist mit seinem Leben im Ruhestand unzufrieden. Einige Hobbys hat er ausprobiert, aber die erfüllten ihn nicht. So sucht er nach einer sinnvollen Tätigkeit und bewirbt sich (ganz professionell mit einem Video!) als Senior-Praktikant bei einer New Yorker Mode-Website, einer modernen Firma, die von der jungen Gründerin Jules Ostin (Anne Hathaway) geleitet wird. Zunächst nehmen die Kolleginnen und Kollegen den Neuzugang nicht besonders ernst, aber er findet schnell Anklang, weil er charmant, fröhlich und hilfsbereit ist. Jules, die sich als Geschäftsführerin oft überfordert fühlt, empfindet Ben immer mehr als väterlichen Freund, als Stütze, als jemand, der sie in ihrem Stress entlastet.

So wirkt er etwa als Fahrer, nachdem er den echten Chauffeur aufgefordert hat, der Chefin zu sagen, dass er aufgrund von Alkoholkonsum fahruntüchtig ist. "Sonst sage ich es ihr!" Der Chauffeur meldet sich krank... Ferner räumt Ben einen großen chaotisch belegten Tisch im Büro auf, gibt Ratschläge, spielt den Babysitter und rettet in gewisser Weise Jules' Ehe. Deren Mann ist fremdgegangen, offensichtlich, weil er als Hausmann auf die Karriere verzichtet hat und sich vernachlässigt fühlt. Ben rät Jules dringend, keinen neuen Geschäftsführer einzustellen, sondern stolz auf die von ihr aufgebaute erfolgreiche Firma und selbst weiter die Führungsfigur zu sein. "Ich hatte so etwas noch nie in meinem Leben, die wunderschönen, aufregenden Dinge, die Sie erschaffen haben!" Der Ehemann bittet Jules um Verzeihung, beendet sein "Verhältnis" und will ebenfalls, dass Jules keinesfalls seinetwegen auf ihren Beruf verzichtet. Ben ist vom Praktikanten zum besten Freund geworden... Auch die Liebe kommt zu ihm, er wird der Partner der hübschen Masseurin der Firma, Fiona, gespielt von Rene Russo.

Die Handlung basiert auf dem Kontrast zwischen Jung und Alt, zwischen hip und konservativ, doch von Klischeehaftigkeit kann keine Rede sein, denn gerade der gestandene Geschäftsmann kann mit seiner ruhigen Art und seiner Bindung an gute Traditionen in der modernen Firma äußerst hilfreich wirken. Zufällig war seine alte, inzwischen nicht mehr existente Firma genau in denselben Räumen beheimatet wie jetzt das Fashion-Unternehmen, er fühlt sich wie zu Hause. Realistisch schildert Regisseurin und Drehbuchautorin Nancy Meyers ("Was Frauen wollen", "Was das Herz begehrt") die Welt der Start-Up-Unternehmen und gewinnt den dort herrschenden zwischenmenschlichen Beziehungen immer wieder humoristische Seiten ab. Das vollzieht sich aber alles ganz ruhig und harmonisch, nur einmal nimmt der Film richtig actionmäßig Fahrt auf: Ben und drei junge Kollegen rasen per Auto zum Haus von Jules' Mutter, brechen dort mit dem unter einem Blumentopf liegenden Schlüssel ein und löschen auf dem Laptop eine Mail, die die Mutter auf keinen Fall lesen soll. Jules hatte gemailt: "Meine Mutter ist eine Terroristin" und auf die falsche Adresstaste gedrückt. Dann geht die Alarmanlage los und die Polizei rauscht an...

Es ist ein Vergnügen, den beiden Hauptdarstellern zuzusehen. De Niro hat hier nichts mehr von seinem Gangster-Image, er ist freundlich, sympathisch, gebildet, lächelt verschmitzt, macht einfach eine hervorragende Figur. Anne Hathaway durchquert mit dem Fahrrad das Riesenbüro, schaut mit großen Rehaugen um sich, verkörpert die gestresste, äußerlich taffe, innerlich aber sehr verletzliche Jules perfekt und nimmt die Zuschauer ebenfalls schnell für sich ein. Die übrigen Schauspieler, insbesondere die computerseligen Youngster in der Firma, runden das Ensemble ab. Die Kamera zeigt hauptsächlich New Yorker Büros und Straßen, fährt im Auto mit, vermittelt – oft auch in Großaufnahmen von Gesichtern – perfekt die jeweilige Atmosphäre.

Alles in allem eine nette Komödie, die allerdings manchmal ein bisschen zu gefühlig daherkommt.  

Manfred Lauffs / Wertung: * * * * (4 von 5) 
 

 

 
Filmdaten 
 
Man lernt nie aus (The Intern) 
 
USA 2015
Regie & Drehbuch: Nancy Meyers;
Darsteller: Robert De Niro (Ben Whittaker), Anne Hathaway (Jules Ostin), Rene Russo (Fiona), Anders Holm (Matt), Andrew Rannells (Cameron), Adam DeVine (Jason), Celia Weston (Doris), Nat Wolff (Justin), Linda Lavin (Patty), Zack Pearlman (Davis), Jason Orley (Lewis), Christina Scherer (Becky Scott), Drena De Niro (Hotelmanagerin) u.a.;
Produzentinnen: Nancy Meyers, Suzanne Farwell; Kamera: Stephen Goldblatt; Musik: Theodore Shapiro; Schnitt: Robert Leighton;

Länge: 121,51 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; ein Film im Verleih der Warner Bros. Pictures Germany; deutscher Kinostart: 24. September 2015



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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