07.10.2015
Macbeth (2015)
Monumental, pompös und vor allem eines: anders – so lässt sich Justin Kurzels Verfilmung von "Macbeth" zusammenfassen. Doch es wären nicht genug der lobenden Worte bei solch einer gelungenen Vorstellung, die der Regisseur und seine Schauspieler bieten. Kurzels filmische Biografie lässt schon vermuten, wie martialisch und erfolgreich der neue Macbeth ist. Mit dem mörderischen Drama "Snowtown" (2011) wurde Kurzel bereits in Cannes geehrt; sein Beitrag zur Kurzfilmsammlung "The Turning" (2015) gastierte bei der Berlinale. Seine aktuelle Arbeit ist die Verfilmung von Assassin's Creed, dem gleichnamigen Videospiel, das sicherlich von der blutigen Geschichte Macbeths weiter schöpfen kann.
Mit Klassik kann man eigentlich nichts falsch machen. Bequem lehnt man sich zurück und lässt die bekannte Geschichte mit so wunderbar gewähltem Shakespeare-Englisch einfach vor den Augen flimmern. "Macbeth" könnte als Vorlage schon Grund genug sein, um dem Zuschauer etwas bieten zu können. Doch Justin Kurzel macht eindeutig mehr daraus. Sein Publikum packt er von der ersten Minute an fest am Schlafittchen und lässt bis zum Abspann nicht mehr los. Gebannt blickt man auf die ersten roten Buchstaben als Vorboten der Grausamkeiten und des Wahnsinns, der auf der Leinwand nicht lange auf sich warten lässt. Die musikalische Untermalung lässt den Saal im wahrsten Sinne des Wortes vibrieren – eine unerbittlich laute und rhythmische Trommel steigert die Spannung und lässt einen zuweilen erschaudern. In seiner Darstellung verbindet Kurzel sehr gekonnt die starke Wirkung einer Theateraufführung und die eindrucksvollen Effekte, die ein Film zu bieten hat. Kostüme und Kulisse sind derart real ausgestaltet, dass man Blut und Schmutz förmlich riechen, ja sogar schmecken kann. Die Perfektion der Kameraführung unterstreicht Bilder von Menschen und Gegenständen, die durch ihre Unvollkommenheit so real wirken. Die abgewetzten Scherpen des Adels, der schiefe Fußboden des königlichen Schlafsaals, die tropfenden Kerzen in der Kapelle des Dorfes. All das bringt Macbeths Geschichte zum Greifen und Fürchten nah. Die Distanz eines üblichen Kostümfilms geht glücklicherweise verloren. Auch die technischen Möglichkeiten des modernen Kinos werden gewählt und gezielt eingesetzt. Schlachten erhalten durch den vereinzelten Einsatz von Zeitlupen eine zusätzliche Wucht. Brände von Wäldern und düster dichte Nebel über der Landschaft verwandeln die Szenerie in eine geheimnisvolle Bühne. Herausragend sind Fassbender und Cotillard als das verhängnisvolle Paar, das sich seinen Weg an die Spitze von Schottland mordet. Während szenische Übergänge mit der Weite der Landschaft spielen und den Blick auf Berge und Täler schweifen lassen, kommt die Kamera im Geschehen stets nah an die Gesichter ihrer Helden. Jede noch so kleine Bewegung, jedes noch so geringe Zucken wird über die Leinwand transportiert. Die Perfektion des schauspielerischen Auftritts lässt einen innerlich erschaudern – noch näher fühlt man sich dem Zweifel, dem ersten Mordgedanken und dem heranreifenden Wahnsinn im berühmten Paar. Auch wenn man die Geschichte von Macbeths Aufstieg, Wahnsinn und Fall kennt, so schafft es Kurzel eine neue Spannung hereinzubringen. Ein Meisterwerk der Klassik, das seiner Buchvorlage alle Ehre macht. Margarethe Padysz /
Wertung: * * * * *
(5 von 5)
Quelle der Fotos: Studiocanal Germany Filmdaten Macbeth (2015) (Macbeth (2015)) GB / Frankreich / USA 2015 Regie: Justin Kurzel; Darsteller: Michael Fassbender (Macbeth), Marion Cotillard (Lady Macbeth), Paddy Considine (Banquo), David Thewlis (Duncan), Sean Harris (Macduff), Jack Reynor (Malcolm), Elizabeth Debicki (Lady Macduff), David Hayman (Lennox) u.a.; Drehbuch: Todd Louiso, Jacob Koskoff, Michael Lesslie nach dem Stück von William Shakespeare; Produzent: Iain Canning, Emile Sherman, Laura Hastings-Smith; Kamera: Adam Arkapaw; Musik: Jed Kurzel; Schnitt: Chris Dickens; Länge: 113,06 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von Studiocanal; deutscher Kinostart: 29. Oktober 2015
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