15. Dezember 2003

Luther

Film Luther: Joseph Fiennes als Martin Luther Dieser Film ist der Versuch einer biografischen Darstellung des Reformators Martin Luther. Durch "göttliche Fügung", in Form eines schweren Unwetters, tritt der Jurastudent 1505 in das Augustinerkloster in Erfurt ein. Aufgrund seiner Zweifel an dem vorherrschenden Gottesbild beginnt er ein Theologiestudium in Wittenberg. Dort wird er später Inhaber eines Lehrstuhls für Religionswissenschaft. In seinen Vorlesungen greift er immer direkter die Kirche an. Im Vordergrund seiner Kritik steht der Ablass- und Reliquienhandel. Luthers Auseinandersetzung mit der Kirche enden in einem Eklat. In einem Gerichtsverfahren wird er als Ketzer verurteilt und muss auf die Wartburg fliehen. Dort verfasst er die erste deutschsprachige Bibel und leitet damit die Reformation ein.

Film Luther: Sir Peter Ustinov als Friedrich der Weise Die Darstellung des Protagonisten Luther, dargestellt von Joseph Fiennes, wirkt trotz überzeugender schauspielerischer Leistung oft unrealistisch und unglaubwürdig. Er wird als ein innerlich zerrissener Mensch gezeigt, mit starken Zweifeln gegenüber sich selbst und gegenüber des Vatikan. Die Szene, in welcher er als ironischer, humorvoller Theologiedozent auftritt, wirkt dadurch sehr antagonistisch.
Das Auftreten der Nebendarsteller ist oft zusammenhanglos. Das Verhältnis von Luther zu Tetzel wird lediglich oberflächlich behandelt und geht nicht weiter in die Tiefe, obwohl diese Beziehung für die weitere geschichtliche Entwicklung wichtig ist.
Da der Film primär die durch Luther entflammte Revolution thematisiert, wirkt das Auftauchen seiner späteren Frau - Katharina von Bora - unpassend. Es fügt sich nicht in die Geschichte der Revolution ein. Eine Bemerkung im Abspann, über den weiteren Verlauf seines Privatlebens, wäre passender gewesen.

Film Luther: Joseph Fiennes als Martin Luther Die Szene, in welcher Luther sich vor dem Gericht für seine Schriften rechtfertigen muss, wirkt in der Wortwahl sehr pathetisch. Sätze, wie "hier stehe ich nun und kann nicht anders..." findet man in vielen weiteren Dialogen wieder.
Der Film erscheint als Gesamtwerk zu gespielt, zu aufgesetzt. Besonders deutlich wird es bei der Auswahl der Kulissen. Diese erheben Anspruch auf Authentizität, was ihnen allerdings nicht gelingt. Dass der Rasen im Mittelalter gemäht war, lässt zumindest begründete Zweifel aufkommen. Der Versuch, das Mittelalter darzustellen, wurde zu sehr von unserer heutigen Vorstellung des ausgehenden 15. Jahrhunderts geprägt. Auffällig sind besonders die reinlichen Gewänder der Darsteller. Sogar die Bettler wirken angemalt.

Bei der Besetzung der Nebenrolle Friedrich der Weise wäre es weise gewesen, diesen Part nicht von Sir Peter Ustinov spielen zu lassen. Er konnte in dieser Rolle nicht überzeugen. Durch das lediglich kurze Auftreten der anderen Nebendarsteller bietet der Film ihnen keine Möglichkeit, sich in ihrer Rolle zu entfalten. Das ist ein weiterer Aspekt, welcher den Film oberflächlich erscheinen lässt.

Abschließend kann man sagen, dass dieser Film nicht überzeugt. Man fühlt sich weder ins Mittelalter zurückversetzt, noch gewinnt man neue Einblicke in Luthers Leben. Die Pathetik dieses Filmes verleitet einen zu der Annahme, dass es sich bei diesem Werk im aktuellen Luther-Boom lediglich um eine große PR-Aktion von Seiten der Lutheranischen Kirche handelt. Untermauert wird diese Theorie von der Tatsache, dass die evangelischen Kirchenverantwortlichen in den USA die Hälfte des Filmetats von rund 25 Millionen Euro mitfinanzierten.  

Annika Heidkamp / Wertung: * (1 von 5)

Quelle der Fotos: Ottfilm Filmverleih


Filmdaten

Luther
(Luther)

Deutschland 2003
Regie: Eric Till ("Bonhoeffer - Die letzte Stufe");
Drehbuch: Bart Gavigan (nach dem Theaterstück von John Osborne);
Darsteller: Joseph Fiennes (Martin Luther), Alfred Molina (Tetzel), Jonathan Firth (Girolamo Aleandro), Claire Cox (Katharina von Bora), Bruno Ganz (Johann von Staupitz), Uwe Ochsenknecht (Papst Leo X.), Mathieu Carrière (Kardinal Cajetan), Torben Liebrecht (Karl V.), Marco Hofschneider ("Hitlerjunge Salomon"; Ulrich), Sir Peter Ustinov (Friedrich der Weise), Benjamin Sadler (Spalatin), Maria Simon (Hanna), Lars Rudolph (Melanchthon), Christopher Buchholz (von der Eck) u.a.

Länge: 123 Minuten; FSK: ab 12 Jahren.



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Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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