09.07.2009
Kommissar Bellamy
![]() Vor kurzem feierte Claude Chabrol sein 50-jähriges Jubiläum als Regisseur: Sein Debüt "Die Enttäuschten" 1958 markierte den Beginn der Nouvelle Vague. Die Nouvelle Vague entstand, als junge Filmemacher sich u.a. von der vorhersehbaren Erzählweise des Kinos verabschieden wollten. Davon ist in "Kommissar Bellamy" nichts zu spüren: Die Krimihandlung ist zu leicht zu durchschauen und bietet nur wenige Überraschungen, darunter einen sein Plädoyer singenden Anwalt. Interessanter geschildert ist der familiäre Zwist. Der berühmte Polizist aus Paris lässt es sich im Urlaub gut ergehen. Er isst gut, trinkt gut. Er begrapscht gerne seine liebe Ehefrau. Er pflegt seinen Blumengarten. Er löst Kreuzworträtsel. Auf das Wort "bonheur" für "Glück" kommt er nicht. Seine Gattin hilft ihm. Er besucht einen Baumarkt, er benötigt Bretter für ein Regal. Eine Angestellte hilft ihm, Claire Bonheur. So ein Zufall, wieder Bonheur, stellt der Polizist fest. Und, ein weiterer Zufall, die Mademoiselle spielt im Kriminalfall, der den Polizisten bald beschäftigen wird, eine Rolle. Denn - ist es Langeweile, ist es die rufende Pflicht - der Polizist zeigt Interesse an dem Fall, den er zunächst nur über die Medien verfolgt, bis ein fremder Mann auftaucht.
Die Namenswahl Bellamy spielt, so der Regisseur, auf Guy de Maupassant an, denn der Schriftsteller schrieb den berühmten Roman "Bel Ami" (1885). (Zum anderen ist eine Straße in Nantes namens "Rue Paul Bellamy", erklärt Chabrol, Namensgeberin für den Kriminalen.) Guy de Maupassant (1850 - 1893) stellt in seinem Schaffen die Menschlichkeit in den Vordergrund. Nach dem Prinzip wird Bellamy handeln, um Leullet zu retten. Bellamy wird mal um Gesangsunterricht für jemand anderes bitten. Ergebnis: Ein junger Anwalt interpretiert den Chansonnier Georges Brassens vor Gericht im Plädoyer zugunsten Leullets.
Dieser Film scheitert beinahe, er wird fast von Bedeutungslosigkeit erdrückt. Aber er wird gerettet von der überwältigenden Präsenz Gérard Depardieus als Kommissar. Schon lange nicht mehr war Depardieu so mit einer Figur eins, die eine Hommage an Georges Simenons Kommissar Maigret ist. Wie Maigret interessiert sich Bellamy für einen Fall nicht, um den Täter zu verurteilen, sondern um Humanität walten zu lassen. Wie bei Simenon ist der Kommissar wichtiger als die Krimihandlung. Eine Fortsetzung der Zusammenarbeit von Claude Chabrol mit Gérard Depardieu in weiteren "Kommissar Bellamy"-Filmen ist durchaus wünschenswert. Michael Dlugosch /
Wertung: * * *
(3 von 5)
Quelle der Fotos: Concorde Filmverleih Filmdaten Kommissar Bellamy (Bellamy) Frankreich 2009 Regie: Claude Chabrol; Darsteller: Gérard Depardieu (Paul Bellamy), Clovis Cornillac (Jacques Lebas), Jacques Gamblin (Noël Gentil / Emile Leullet / Denis Leprince), Marie Bunel (Françoise Bellamy), Vahina Giocante (Nadia Sancho), Marie Matheron (Madame Leullet), Adrienne Pauly (Claire Bonheur), Yves Verhoeven (Alain), Bruno Abraham-Kremer (Bernard), Rodolphe Pauly (der Anwalt) u.a.; Drehbuch: Odile Barski, Claude Chabrol; Produzent: Patrick Godeau; Ausführende Produzentin: Françoise Galfré; Kamera: Eduardo Serra; Musik: Matthieu Chabrol; Länge: 110 Minuten; FSK: ab 6 Jahren; ein Film im Verleih von Concorde Filmverleih; deutscher Kinostart: 9. Juli 2009
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