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12.06.2018
Kolyma
Pünktlich zur Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland kommt ein Dokumentarfilm in die Kinos, der die verdrängte Seite des Gastgeberlandes wiedergibt. "Kolyma" ist nicht nur ein Fluss im äußersten Nordosten des Landes, sondern auch eine Fernstraße wird so genannt, in einer unwirtlichen Region; Moskau ist hier sehr weit entfernt. Der polnische Regisseur Stanislaw Mucha ("Absolut Warhola"), der in Deutschland lebt, widmet sich im Film dem Gebiet, in das viele Strafgefangene verschleppt wurden: Hier standen Gulags. Mucha trifft Ex-Lagerinsassen sowie Menschen, die sich um die Aufarbeitung der Vergangenheit kümmern, und in der Region Lebende. Sie sprechen von Stalin, Putin und haben ihre Meinung zu den Herrschenden. Alle eint die Aussage, die Fernstraße sei eine "Straße der Knochen", da sie von den Häftlingen errichtet worden war. Ihr Bau sorgte für Tote, unter ihr liegen Tote. Der Film zeigt, dass das Vergangene in die Gegenwart hineinragt.Unendliche Weiten. Dazu muss man nicht ins Weltall reisen, auch Russland bietet Raum an, der nicht aufzuhören scheint. Die Fernstraße ist die heimlich-unheimliche Heldin des Films, Mucha lässt die Kamera immer wieder die Straße abfahren: Bäume. Schnee. Eis. Von Zeit zu Zeit ein LKW, der Eis auf Muchas Auto spritzt. In Szenen, in denen nicht die Straße zu sehen ist, spricht der Regisseur höchstselbst mit Leuten, die in der Region leben; dazwischen geschnitten sind des Weiteren folkloristische Tanzeinlagen der Bewohner der Region. Es wird nicht ausgesagt, aber diese Veranstaltungen sind eindeutig von oben, von Putins Leuten, angeordnet, um die Menschen bei Laune zu halten, ja auf Linie zu trimmen – eine Tanzdarbietung, die Mucha filmt, präsentiert Spielzeuggewehre. Dazu singen die Menschen patriotische Lieder.
Michael Dlugosch /
Wertung: * * * *
(4 von 5)
Quelle der Fotos: W-film – TAG/TRAUM Filmproduktion Filmdaten Kolyma Deutschland/Russland 2017 Regie & Drehbuch: Stanislaw Mucha; Produzenten: Gerd Haag, Kerstin Krieg; Produktion: TAG/TRAUM Filmproduktion in Koproduktion mit ZDF/3Sat, Hessischer Rundfunk; Kamera: Enno Endlicher; Musik: Eike Hosenfeld, Moritz Denis, Tim Stanzel; Schnitt: Stanislaw Mucha, Emil Rosenberger; Länge: 88,38 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von W-film Distribution; deutscher Kinostart: 21. Juni 2018
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