11.10.2012
Die gern mit Pistolen spielen

Killing Them Softly


Killing Them Softly Mit seinen Erstlingswerken "Chopper" (2000) und "Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford" (2007) hat Andrew Dominik seine Affinität zum Gangsterfilm klar herausgestellt. Wenig verwunderlich ist es, dass auch der jüngste Film des Australiers dessen cineastische Vorliebe für das Verbrecher-Milieu manifestiert. Doch langweilig wird es selbst Genre-Kennern nicht. "Killing Them Softly" trumpft mit Starbesetzung auf. Und mit jeder Menge Ironie.

Von Hollywood finanziert, aber nicht korrumpiert – das verdeutlicht der Film bereits in seiner Einstiegssequenz. Die ersten Einstellungen biedern sich dem Zuschauer keineswegs an. Stattdessen präsentieren sie einen amerikanischen Süden, der auch drei Jahre nach dem Hurrikan "Katrina" nichts als gespenstisch ist: Menschenleere Straßenzüge, durch die der Wind pfeift. Häuser, die langsam verrotten. Verlassene Fabrikgebäude, in denen nur noch die Tristesse floriert – und tief in ihrem Inneren das illegale Kartenspiel.

Killing Them Softly Als es Frankie (Scoot McNairy) und Russell (Ben Mendelsohn) mit mehr Glück als Verstand tatsächlich gelingt, den Gewinnpool einer illegalen Pokerrunde zu rauben, ahnen die beiden Ex-Knackies kaum, welchen Schlammassel dieser Auftragscoup nach sich ziehen wird. Denn auf Recht und Ordnung besteht auch der Schirmherr der Pokerrunden. Und der ist das organisierte Verbrechen selbst. Bis die zwei Schuldigen gefunden sind, werden alle weiteren Spiele ausgesetzt. Solange aber die Spiele pausieren, drohen dem Syndikat Verluste. Hohe Verluste. Und das inmitten der Wirtschaftskrise. Für eine elegante und schnellstmögliche Lösung des Problems wird Profikiller Jackie Cogan (Brad Pitt) engagiert. Routinier seines Faches, ist Cogan zur Improvisation gezwungen, als sich sein hinzugezogener Kollege als abgewrackter Alkoholiker (James Gandolfini) entpuppt und Cogan auf seine Methode des sanften "Fern-Mordes" verzichten muss. Was folgt, ist ein Abgesang auf den Amerikanischen Traum, der in Cogans Feststellung gipfelt: "America is not a land. It's a fucking business." Am Ende des Films ist fast jede seiner Figuren tot. Und Obama der erste farbige Präsident in der Geschichte Amerikas.

Mit seinem Film bezieht sich Dominik auf einen Roman aus den 1970er Jahren. Die literarische Vorlage lieferte "Cogan's Trade" (1974) von George V. Higgins. Dessen Handlung transferierte der Regisseur in die Zeit kurz vor den Präsidentschaftswahlen des Jahres 2008, um den wirtschaftskritischen Aspekt dieses Stoffes noch einmal hervorzuheben. So wolle er anhand seines Films einen "Mikrokosmos der größeren Geschichte, die sich damals in Amerika abspielte" vorführen. Und durchaus ironisch beleuchten. Vortrefflich gelungen ist dies in all jenen Szenen, in denen George W. Bush und Barack Obama über Radio und Fernsehen zu unfreiwilligen Kommentatoren der Filmhandlung werden.

Darüber hinaus bleibt "Killing Them Softly" seinen Genrekonventionen treu: Die Leinwand wird durchgängig von Männern mit Gelfrisur und Macho-Attitüde dominiert (einzige Frauenfigur des Films ist eine Prostituierte), die sich gegenseitig das Gehirn wegblasen. Doch da in diesem Film Gewalt weh tut, scheint seine Inszenierung einer eigentlichen Gewaltverherrlichung entgegenzuwirken.

Killing Them Softly Höchste Qualität erreicht der Film vor allem durch die Genauigkeit, mit der seine oft kammerspielartigen Szenen inszeniert sind. Brad Pitt wird dabei durch eine Riege an ebenfalls hochqualifizierten Schauspielern unterstützt, die sich ausnahmelos als Veteranen des Genres erweisen: Ob Ray Liotta, James Gandolfini, Vincent Curatola, Max Casella oder Sam Shepard, sie alle haben in mehr oder weniger großen Rollen als Vollstrecker des organisierten Verbrechens agiert. Und so ist "Killing Them Softly" neben aller Großartigkeit außerdem: eine Party erwachsener Jungen, die immer noch gern mit Pistolen spielen.  

Antje Kuschpel  / Wertung:  * * * * (4 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Ascot Elite (Schweiz)

 
Filmdaten 
 
Killing Them Softly (Killing Them Softly) 
 
USA 2012
Regie: Andrew Dominik;
Darsteller: Brad Pitt (Jackie Cogan), Scoot McNairy (Frankie), Ben Mendelsohn (Russell), James Gandolfini (Mickey), Vincent Curatola (Johnny Amato), Richard Jenkins (Fahrer), Ray Liotta (Markie Trattman), Trevor Long (Steve Caprio), Max Casella (Barry Caprio), Sam Shepard (Dillon), Slaine (Kenny) u.a.;
Drehbuch: Andrew Dominik nach dem Buch "Cogan's Trade" von George V. Higgins; Produktion: Plan B Entertainment u.a.; Kamera: Greig Fraser; Schnitt: Brian A. Kates, John Paul Horstmann;

Länge: 97,24 Minuten; FSK: ab 16 Jahren; ein Film im Verleih der Wild Bunch Germany GmbH; deutscher Kinostart: 29. November 2012



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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