14.02.2016
Kater
![]() Es ist ein strahlender Frühstücksmorgen, an dem Stefan und Andreas Pläne schmieden. Madrid oder Barcelona? Oder lieber Portugal als Spanien? Sie lachen, scherzen. "Machst Du mir noch einen Kaffee?" – "Con mucho gusto, mi amor!" Andreas wird den Kaffee nicht bringen. Er wird aus der Küche hinüberhasten, sich über den reglosen Kater Moses beugen und erschüttert dessen Tod konstatieren. Währenddessen Stefan, der das Tier in einem eruptiven Moment erwürgt hat, ohne jeden Laut den Raum verlässt. Später wird er schreien, heulen, sich anklagen. Was er nicht tun wird: mit Andreas sprechen, das Unerklärliche erklären. Die Kamera wird sich ihm nähern, seine Verzweiflung zeigen. Andreas kommt Stefan nicht mehr nahe.
Die Tötung des Haustieres wird so zur Chiffre für die Zerstörung des Vertrauens in einer Beziehung. Was ist das für ein Mensch, mit dem ich da bislang lebte, wird Andreas sich fragen. Eines Tages, sein Partner hat inzwischen bei einem Unfall im Garten ein Auge verloren, stellt er auch Stefan diese Frage. Und wieder gibt der Film keine Antwort. Stefan kann seine Tat nicht erklären, weil sie ihm selbst unerklärlich ist. Er spürt lediglich, wie gerne er sich immer, einfach immer, unter Kontrolle hätte. Und so machen die beiden weiter, so gut es geht, im Künstlerischen wie im Bürgerlichen. Sie wecken Obst ein, feiern mit den anderen Musikern, hängen Zettel aus: Kater vermisst. Andreas deckt Stefan, doch das Geheimnis kaschiert nur minimal den gravierenden Bruch, zeitigt keine verbindende Wirkung. Auch wenn die Liebe bleibt: die Nähe, auch die körperliche, die lustvolle Sexualität, die Ekstase – verloren.
Die Fragilität, die alle menschlichen Beziehungen konstant bedroht, war selten so sicht- und spürbar wie in diesem starken Zweitlingswerk des Österreichers Händl. Ungetröstet lässt er den Zuschauer zurück, ohne simplifizierende Botschaft, ohne moralisches Statement. Es geht immer irgendwie weiter. Nach der Vertreibung aus dem Paradies folgt die Ernüchterung. Der Ernüchterung folgt das Leben, und in dem dauert immer noch die Liebe an. Eine um Wesentliches reduzierte Liebe. Aber eine Liebe. In der vielleicht irgendwann sogar wieder Körperlichkeit möglich ist. Aller Verunsicherung zum Trotz. Jasmin Drescher /
Wertung: * * * * *
(5 von 5)
Quelle der Fotos: coop99 filmproduktion Filmdaten Kater (Kater) Österreich 2016 Regie & Drehbuch: Händl Klaus; Darsteller: Lukas Turtur (Stefan), Philipp Hochmair (Andreas), Toni (Moses), Thomas Stipsits (Lorenz), Manuel Rubey (Vladimir), Gerald Votava (Max), Gabriela Hegedüs (Helga), Vitus Wieser (Polizist Rieger) u.a.; Produzenten: Antonin Svoboda, Bruno Wagner; Kamera: Gerald Kerkletz; Musik: Christof Dienz; Schnitt: Joana Scrinzl; Länge: 124,08 Minuten; FSK: ab 16 Jahren; deutscher Kinostart: 24. November 2016
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