21.01.2019
Grenzenlose Gefühle
Jibril
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Ist es abwegig? Eine Frau besucht einen Mann, den sie vorher nur flüchtig kannte, im Gefängnis – und verliebt sich in ihn. Ist es nicht, dies gibt es, Regisseurin und Drehbuchautorin Henrika Kull weiß, wovon sie im Film erzählt. Nach einer ersten Recherche 2011 im Gefängnis begann sich Kull auch "für die Perspektive derer zu interessieren, die draußen warten, und drehte 2015 meinen Dokumentarfilm 'Absently Present' über Yasmin, die mit einem Inhaftierten liiert ist. Es schien mir, als würde Yasmins Beziehung hauptsächlich als Projektion stattfinden. Liebesgeschichten sind natürlich immer Projektionen, und auch Jibril ist das Idealbild von Gabriel, das Maryam zeichnet, er wird zu ihrer ‚Erfindung‘, die Erfüllung ihrer Sehnsucht."
Maryam, die abends vor dem Einschlafen alleine arabische Telenovelas, die von Leidenschaften handeln, konsumiert, müsste nicht Single sein. Sie sieht gut aus, und einer ihrer Schüler im Integrationskurs in einer Sprachschule bittet sie nett darum, mit ihr auszugehen. Maryam lehnt höflich, aber bestimmt ab ("Keine Zeit!"). Warum sie es trotz vom Zuschauer fühlbarer Einsamkeit nicht mitmacht, wird zwar nicht ausgesagt, der Empathie empfindende Zuschauer weiß es dennoch: Eine weitere Pleite möchte die geschiedene Frau nicht erleben. Dann übernimmt Maryam die Aufgabe, den jungen Jibril im Gefängnis zu besuchen. Aus einem Besuch werden mehrere, denn die beiden sind sich sympathisch, ja da ist mehr, als das. Irgendwann knutschen sie. Immer unter Aufsicht der Justizbeamten. Immer in streng gefasst kurzen Zeiträumen. Jibril wird später gegenüber Maryam eine, seine dunkle Seite zeigen, verroht durch den Knast, vor allem durch die Zwangsisolation. Sie, zunächst irritiert, hält dennoch zu ihm.
Michael Dlugosch
/ Wertung:
* * * *
(4 von 5)
Quelle der Fotos: Missingfilms - Filmverleih & Weltvertrieb Filmdaten Jibril Deutschland 2018 Regie, Drehbuch & Schnitt: Henrika Kull; Darsteller: Susana Abdulmajid, Malik Adan u.a.; Producerinnen: Carolina Steinbrecher, Sophie Lakow, Henrika Kull; Produktion: Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf; Kamera: Carolina Steinbrecher; Musik: Dascha Dauenhauer; Länge: 83,19 Minuten; FSK: ab 12 Jahren, beim Filmfestival Max Ophüls Preis 2019 freigegeben ab 18 Jahren; Kinostart: 9. Mai 2019
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