15.07.2015

How to Change the World


Was der Titel ankündigt, scheint für einen Einzelnen schier unmöglich. Aber das ist es nicht. Man kann die Welt verändern. Jerry Rothwells beeindruckende Dokumentation über die Gründer von Greenpeace, die heute die größte Umweltschutzorganisation der Welt sind, ist ein filmisches Handbuch dafür.

How to Change the World Regel Nummer 1 darin lautet: "Plant a mind bomb." Zünde eine Idee in den Köpfen der Menschen. Bob Hunter und seinen Mitstreitern Paul Watson, Bill Darnell, Bobbi Hunter, Patrick Moore und Rex Weyler gelang genau das im Jahr 1971. Anlass war eine andere Bombe. Sie sollte nach dem Willen Richard Nixons auf der Insel Amchitka vor Alaska hochgehen. Dort hatte die United States Atomic Energy Commission bereits 1965 und 1969 Kernwaffen getestet. Nun sollte der bis dato größte unterirdische Atomwaffentest folgen. Um sein Vertrauen in die neue Kriegstechnologie zu demonstrieren, machte der Präsident das Ereignis zum Familienpicknick. Alle Beunruhigung, die ein Reporter ihm gegenüber in einem Archivinterview äußert, tut Nixon hämisch ab: "Es gibt keine Polizei." Da ist keiner, den die erzürnten Hippies, Ökos und Pazifisten rufen könnten. Wer Macht und Geld hat, sei es Politiker, Staat oder Konzern, kann tun, was er will. Wer sollte ihn schon aufhalten? Die Antwort liefern die Kamerabilder, Schnappschüsse und Tonaufnahmen, die Rothwell zum Kern seiner Reportage macht. Das großteils nie zuvor gezeigte Material stammt hauptsächlich von Hunter, Watson und dem Rest der wilden Truppe, die vor dem geplanten Atomtest auf einem klapperigen Kutter namens "Phyllis Cormack" Richtung Amchitka aufbricht.

How to Change the World: Paul Watson Die kanadische Crew ist ein Haufen Journalisten, Musiker, Wissenschaftler und Filmer, die sich nach Hunters eigenen Berichten ständig streiten. Trotzdem raufen sie sich zusammen, getragen von einer gemeinsamen Mission: den Test stoppen und zumindest ein kleines Stück des Planeten retten. Erstes ist ihnen nicht gelungen. Die Küstenwache fing die "Phyllis Cormack" ab, bevor sie überhaupt in die Nähe ihres Ziels kam. Knapp zwei Monate, nachdem die Umweltschützer aus dem Hafen gelaufen waren, fand die Sprengung statt. Es sollte die letzte auf dem für die nächsten 20.000 Jahre verstrahlten Gebiet sein. Still und leise sah die US-Regierung von weiteren Tests ab. Denn auch die andere Bombe hatte gezündet. Hunters "mind bomb". In ihren Augen waren die Öko-Kämpfer gescheitert; in denen der Öffentlichkeit jedoch waren sie Helden. Greenpeace, wie sich die für die Bezeichnung "Organisation" immer noch zu unorganisierte Mannschaft nannte, war geboren. Die Schlacht hatten sie verloren - ihr Kampf hingegen hatte gerade erst begonnen: zuerst gegen den Walfang und Kanadas alljährliches Robben-Schlachten, dann gegen die zahllosen weiteren Verbrechen gegen die Natur wie die Abholzung des Regenwaldes, Genpflanzen, Kohle- und Kernenergie.

How to Change the World: Bob Hunter mit Zigarre "Wie auch immer die Geschichte das Gesamtbild beurteilen wird, das Vermächtnis der Fahrt selbst ist nicht bloß ein Haufen Typen in einem Fischerkahn", schreibt Bob Hunter in seinen privaten Aufzeichnungen, die den Hintergrundkommentar (gesprochen von Schauspieler Barry Pepper) der packenden Kino-Reise liefern, "sondern Greenpeace, die von der ganzen Welt geliebt werden oder gehasst." Zu welchem Teil der Welt Rothwell gehört, lässt sein mitreißendes Werk mit Songs von politkritischen Bands wie Pink Floyd und Country Joe and The Fish außer Frage. Dennoch verfällt der Regisseur nicht in ideologische Verklärung, sondern lässt auch Kritiker wie den zum Greenpeace-Gegner konvertierten Patrick Moore zu Wort kommen. Die persönlichen Konflikte, die 1979 zum Bruch zwischen den Gründungsmitgliedern führten, bilden einen Schwerpunkt des Films, der einen faszinierenden Blick auf die Keimzelle der späteren Weltorganisation eröffnet. Und womöglich sogar den ein oder anderen ermutigt, selbst aktiv zu werden. Wie es einmal heißt: "Man kann die Welt viel einfacher mit einer Kamera verändern als mit einer Waffe und viel effektiver."  

Lida Bach / Wertung: * * * * * (5 von 5) 
 

Quelle der Fotos: How to Change the World Ltd.

 
Filmdaten 
 
How to Change the World (How to Change the World) 
 
Kanada / GB 2015
Regie: Jerry Rothwell;
Mitwirkende: Bill Darnell, David Garrick, Bobbi Hunter, Emily Hunter, Bob Hunter, Will Jackson, George Korotva, Myron MacDonald, Rod Marining, Patrick Moore, Barry Pepper (Stimme) u.a.;
Produzenten: Bous De Jong, Al Morrow; Kamera: Ben Lichty; Musik: Lesley Barber; Schnitt: James Scott;

Länge: 110,14 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von NFP; deutscher Kinostart: 10. September 2015



Artikel empfehlen bei:  Mr. Wong Delicious Facebook  Webnews Linkarena  Hilfe

© filmrezension.de

home
  |  regisseure/schauspieler   |  e-mail
 über uns  |  impressum  


 
 
 
 
 
Homepage der Verleihfirma
NFP
<15.07.2015>


Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

Drucken

Artikel empfehlen
Mr. Wong Delicious Facebook Webnews Linkarena 
Hilfe