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03.09.2012
Harodim - Nichts als die Wahrheit?
"Wir sind hier allein", sagt Lazarus Fell, nachdem er dem Fremden den schwarzen Sack vom Kopf gezogen hat. Wir, das sind der frühere Navy Seal (Travis Fimmel), spezialisiert auf militärische Sondereinsätze, und der arabisch stämmige Geschäftsmann (Michael Desante), den er verschleppt hat. Hier, das ist ein stillgelegter Wiener U-Bahnhof, ausgebaut zu einer Mischung aus Privatbunker und Verhörzimmer. In dessen beklemmendem Inneren fordert Lazarus von seinem Gegenüber, was seine Selbstfolter und Abhärtung in Vorbereitung jener Konfrontation rechtfertigt: nicht nur das Leben, sondern ein Geständnis des Mannes, dem er die Schuld am Tod seines Vaters (Peter Fonda) gibt - und all der anderen Opfer der Anschläge des 11. Septembers.In seinem Drehbuch nennt Regisseur Paul Finelli, der sich auch an der Produktion des klaustrophobischen Thrillers beteiligte, die beherrschte Geisel "Terrorist". Die Dialoge stellen rasch klar, dass Lazarus ihn für keinen gewöhnlichen hält, sondern den größten von allen: den Mitbegründer al Qaidas, den Initiator von 9/11, Osama bin Laden. "The Boogieman!", erwidert Lazarus auf die hintersinnige Frage des anderen nach dem Schreckgespenst in Kindergeschichten. Diesen Popanz glaubt der verbitterte Ex-Soldat in seinen Händen, obwohl das Ausgangsszenario offen lässt, wer der Entführte ist. Sein grauer Flanell-Anzug und kultiviertes Air machen ihn zum Muster des unbescholtenen Allerweltsmannes, der durch eine Verwechselung in ein Komplott gerät. Die Urteilskraft seines Wärters wiederum ist durch dessen Traumatisierung und Militanz denkbar unzuverlässig. Die düstere Kammerspielbühne, auf der Finelli seinen herausfordernden Thesenfilm inszeniert, mahnt als Relikt der Nazi-Ära zusätzlich an Fanatismus und staatliche Verfolgung Unschuldiger.
"Sobald jemand den Begriff googelt, wird er unseren Film als eines seiner Suchergebnisse finden", hofft Finelli: "Das ist der erste Schritt, das Grundinteresse unserer Zuschauer zu wecken und mehr über unseren Film herauszufinden." Dass diese Mystifizierung realpolitischer Themen das Publikum überzeugt, ist fraglich. Wie Lazarus den paranoiden Wust kontert: "Du musst dir schon was besseres einfallen lassen." Lida Bach /
Wertung: * *
(2 von 5)
Quelle der Fotos: polyband Filmdaten Harodim - Nichts als die Wahrheit? Österreich 2012 Regie & Drehbuch: Paul Finelli; Darsteller: Peter Fonda (Solomon Fell), Michael Desante (Terrorist), Travis Fimmel (Lazarus Fell) u.a.; deutsche Synchronsprecher: Christian Brückner (Solomon Fell), Tayfun Bademsoy (Terrorist), Sascha Rotermund (Lazarus Fell); Produktion: Terra Mater Factual Studios; Produzenten: Walter Köhler, Thomas Feldkircher; Koproduzenten: Paul Finelli, Joe Germinaro; Ausführende Produzentin: Joanne Reay; Kamera: Tom Erhart; Schnitt: Thomas Ilg; Länge: 95,21 Minuten (Kino) bzw. 92 Minuten (Fernsehen/Video/DVD); FSK: ab 16 Jahren; ein Film im Verleih der polyband Medien GmbH; deutscher Kinostart: 8. November 2012
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