31.03.2010
Auf der Suche nach der verlorenen Jugend

Greenberg


Greenberg: Ben Stiller als Roger Greenberg mit Hund Mahler Der Wahl-New Yorker Roger Greenberg soll in seiner Heimatstadt Los Angeles auf das Haus seines Bruders aufpassen, solange der mit seiner Familie im Urlaub weilt. Fortan pflegt der arbeitslose, frisch aus der Nervenheilanstalt entlassene Greenberg in dem Haus das Nichtstun. Er lernt die junge Florence kennen. Sie ist eine Schwester im Geiste, weil genauso orientierungslos. Aber beide können sich keinen Halt geben, denn er hat seine Aggressionen nicht unter Kontrolle.
Eine ambitionierte Independent-Produktion ist "Greenberg" mit einem unüblich besetzten, weil hervorragend einen Unsympathen spielenden Ben Stiller. Leider verliert der Film die Gefühle seiner Protagonisten aus dem Auge, die Handlung verläuft im Sande. Der Film lief im Wettbewerb der Berlinale 2010, ging aber bei den Auszeichnungen leer aus.

In Deutschland gibt es bereits einen Begriff dafür: "hartzen". Nichtstun, weil man sowieso keinen Job finden wird. Weil man keine Chance auf dem Arbeitsmarkt hat. Oder weil man aus gesundheitlichen Gründen Erholung braucht, statt einer Arbeit nachgehen zu können. Wehe, wenn man zudem nicht mehr der Jüngste ist. Und allein deswegen leidet.
Greenberg: Ben Stiller als Roger GreenbergAll das gilt für den 40 Jahre alten Roger Greenberg (Ben Stiller), die Hauptfigur in Noah Baumbachs Independent-Film: Er war Schreiner in New York, und ganz früher einmal, zu L.A.-Zeiten, Musiker. Und er hatte jüngst in New York als Stadtneurotiker einen Nervenzusammenbruch. Nun für sechs Wochen nach L.A. zurückgekehrt, in das Haus seines Bruders, das er hüten soll, nutzt er die Zeit, neben dem Faulenzen auch noch etwas zu tun: alte Freundinnen und Freunde wiederzusehen. Aber diese Mitmenschen vergrault er, obwohl sie sich redlich Mühe geben, nett zu ihm zu sein. Auch gegenüber Florence (Greta Gerwig), der jungen Haushälterin seines Bruders, kann er sich nicht beherrschen. Einer möglichen Liebe zwischen beiden steht Greenbergs Beziehungsunfähigkeit, seine Misanthropie im Weg. Beide versuchen sich fortan aus dem Weg zu gehen, doch der krank gewordene Hund der Greenbergs führt sie öfter wieder zusammen. Der Hund heißt Mahler. Thomas Manns "Der Tod in Venedig" und dessen Protagonist Aschenbach, der an Gustav Mahler angelehnt ist und sich in der Lebenskrise vergeblich seine Jugend zurückschminken lässt, lassen grüßen.

Greenberg: Greta Gerwig als Florence MarrGreenberg pöbelt seine Freunde an, die es gut mit ihm meinen. Greenberg schreibt von Zeit zu Zeit Beschwerde- und böse Leserbriefe, die seinen Neurosen geschuldet sind. Greenberg philosophiert gerne, vor allem über die verlorene Jugend. Viel gewinnt der Film dadurch nicht, dass er das alles zeigt, ohne dass zwischen den Zeilen eine Botschaft zu finden ist, die so wichtig wäre bei dem Thema Erwachsensein in der Midlife-Crisis. Der Zuschauer wird stattdessen von der Figur Greenberg genervt, ja abgestoßen. Sehenswert ist der Film dann und beinahe nur dann, wenn er Florence bei ihren Autofahrten durch L.A. zeigt. Vom Beifahrersitz aus zeigt die Kamera ihr Profil, so dass der Zuschauer Schauspielerin Greta Gerwigs schönes Gesicht betrachten kann. Dabei hat ihre Florence einen von schmerzhaften Emotionen geleiteten, zuweilen leeren Blick. Das sagt mehr aus als alles im Film Geredete.  

Michael Dlugosch / Wertung: * * (2 von 5) 
 

Quelle der Fotos: Tobis

 
Filmdaten 
 
Greenberg (Greenberg) 
 
USA 2010
Regie: Noah Baumbach;
Darsteller: Ben Stiller (Roger Greenberg), Greta Gerwig (Florence Marr), Jennifer Jason Leigh (Beth), Rhys Ifans ("Notting Hill"; Ivan), Chris Messina (Phillip Greenberg), Susan Traylor (Carol Greenberg), Brie Larson (Sara), Juno Temple (Muriel) u.a.; Drehbuch: Noah Baumbach nach der Story von Jennifer Jason Leigh und Noah Baumbach; Produktion: Jennifer Jason Leigh, Scott Rudin; Ausführende Produktion: Lila Yacoub; Kamera: Harris Savides; Schnitt: Tim Streeto; Länge: 107 Minuten; FSK: ab 16 Jahren; ein Film im Verleih von Tobis; deutscher Kinostart: 01.04.2010



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"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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