10.02.2013
Der goldene Weg

Gold (2013)


Gold (2013): Nina Hoss Niemand kann behaupten, dass er nicht gewarnt wurde. "Lassen Sie mich Ihnen eines sagen: Es ist ein schrecklicher Trip!", sagt ein Postbeamter der durchreisenden Emily Meyer (Nina Hoss). Seinen Rat nimmt man sich besser zu Herzen, wenn man plant als Kinozuschauer Emilys filmische Reise mitzumachen. Aber ich habe nichts dergleichen getan, genau wie Emily. Ich bin einfach in der Vorführung von Thomas Arslans Treck-Film sitzen geblieben, genau wie Emily auf den Stufen einer Western-Kulisse in dem kanadischen Kaff, von wo die Tour losgehen soll. Ich habe sogar sportlich alle Ressourcen aufgewandt, um dabei zu sein, genau wie Emily und ihre Reisegefährten finanziell. Und alle hatten wir, sei es filmisch oder materiell, nur ein Ziel: "Gold"

Das Titelmetall treibt die zusammengewürfelte Gruppe, der sich die mit dickem Make-up auf herbe Schönheit geschminkte Einwanderin anschließt, im Jahr 1898 nach Dawson. Dorthin führen will die siebenköpfige Gruppe der wie alle bis auf den österreichisch-ungarischen Packer Carl Boehmer (Marko Mandic) deutschstämmige Wilhelm Laser (Peter Kurth). Er ist fest überzeugt von seiner Autorität und der obskuren Route, die er den mit allen Ersparnissen dafür bezahlenden Mitläufern als "angenehme Reise" dargestellt hat. Tatsächlich erwartet die Kolonne klassischer Trecker-Typen ein endloser Gewaltmarsch. Ob ihn real mitzumachen mental und körperlich ebenso anstrengend ist, wie die nahezu zweistündige Kinofassung davon anzusehen, bleibt unklar. Der Umstand, dass am Ende der filmischen Reise die auf der Leinwand munter weiter geht, legt nahe: nein. Keine Station des Western-Treck-Kinos übergeht die Handlung, die trotz ihrer epischen Dauer schon nach der ersten Minute vorhersehbar bis zur letzten ist.

Gold (2013): Nina Hoss Vorreiter Laser hat in Wahrheit keinen Plan, sowohl was die die Strecke betrifft als auch das Reisen an sich, und will mit dem Geld abhauen. Der Planwagen bleibt liegen, Gepäck muss zurückgelassen werden, Pferde verenden und die Relikte gescheiterter Vorgänger und -reiter säumen den Weg. An jeder seiner Gabelungen schlagen der verzweifelte Großfamilienvater Rossmann (Lars Rudolph), das alte Ehepaar Maria (Rosa Enskat) und Otto (Wolfgang Packhäuser) und der alkoholabhängige Zeitungsschreiber Müller (Uwe Bohm) den falschen Weg ein. Genau wie das jedes Fernsehspiel an Spannung und Dramatik unterbietende Drehbuch. Das vermittelt perfekt das zentrale Plotelement, das Autor Arslan betont: "Das zermürbendste dieser Reise ist die Endlosigkeit, das Gefühl, nicht vorwärtszukommen, dass das nicht enden will." Wohl wahr. Als Zuschauer fühlt man sich da bezüglich der Filmwahl von Müller direkt angesprochen: "Ihr Glück hat Sie verlassen." Kommt dann noch das Pech dazu, wird aus der Gold suchenden Posse unfreiwillig eine filmische.

Besonders, wenn man "in diesem riesigen Land ausgerechnet in eine Bärenfalle tritt." So beschreibt Rossmann das Schicksal Müllers, der für die unvermeidliche Amputation ohne Betäubung mit Säge und Messer herhalten muss: "Wenn er Wundbrand kriegt, ist es aus!" Das ist es wenig später im Film immer mit dem Charakter, an dem die Notamputation durchgeführt wird, aber weil das Kino zur Handlungszeit erst drei Jahre alt ist, wissen die Protagonisten das nicht. Dafür dämmert ihnen die Ziellosigkeit des ganzen Unterfangens: "So kommen wir nie irgendwohin." Das gleiche gilt für die ermüdende Kinosuche nach "Gold", das der gleichnamige Wettbewerbsfilm auf der Berlinale wohl kaum erringen wird. Wie Laser vor dem Aufbruch bemerkt: "Über alle anderen Wege zum Klondike haben wir schon genug Abschreckendes gehört." Das über "Gold" stellt das sicher in den Schatten.  

Lida Bach / Wertung:  0 von 5 
 

Quelle der Fotos: Patrick Orth / Schramm

 
Filmdaten 
 
Gold (2013)  
 
Deutschland 2013
Regie & Drehbuch: Thomas Arslan;
Darsteller: Nina Hoss (Emily Meyer), Marko Mandic (Carl Böhmer), Peter Kurth (Wilhelm Laser), Uwe Bohm (Gustav Müller), Rosa Enskat (Maria Dietz), Wolfgang Packhäuser (Otto Dietz), Lars Rudolph (Joseph Rossmann) u.a.;
Produzenten: Florian Koerner von Gustorf, Michael Weber; Kamera: Patrick Orth; Musik: Dylan Carlson; Schnitt: Bettina Böhler;

Länge: 100,07 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih der Piffl Medien GmbH; deutscher Kinostart: 15. August 2013
ein Film im Wettbewerb der 63. Berlinale 2013



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der Film im Katalog der Berlinale 2013
<10.02.2013>


Zitat

"Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch..."

Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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