05.11.2011
Fenster zum Sommer
Nina Hoss traumwandelt in der recht freien Verfilmung des gleichnamigen Buchs von Hannelore Valencak noch einmal durch die letzten Monate ihres zuletzt gelebten Lebens. Regie und Drehbuch stammen von Hendrik Handloegten ("Liegen lernen").
Eine langgestreckte Straße durch einsame finnische Landschaft führt in den Film, untermalt mit einem traurig-süßen Kinderlied. Man ahnt an der melancholischen Stimmung bereits, dass hier keine Sommer-Komödie anläuft. Dabei sind hier offensichtlich zwei Verliebte auf einer Reise vereint und für Juliane (Nina Hoss) ist diese auch eine in ihre Heimat. Als August (Mark Waschke) sie bei einer Fahrpause mit seinem Verschwinden im See erschreckt, kommen Gedanken an ihre erste Begegnung zum Vorschein, bei der ein Unglücksfall ihrer Freundin den schwarzen Rahmen bildet. August versucht ihr den trüben Zusammenhang zu nehmen und gibt ihr Halt. Dann fällt sie in den Schlaf. Beim Aufwachen ist alles anders. Nicht der virile August liegt neben ihr, sondern Philipp (Lars Eidinger), der sich als vorheriger Partner herausstellt. Erst bei einem Blick durch das Fenster wird ihr (und dem Publikum) bewusst, dass es sich um einen Traum oder einen Zeitsprung handeln muss. Die Begebenheiten mit August waren aber zu real und die Reaktion von Juliane lässt nur eine Deutung davon zu. Nur um das warum, und den Sinn darüber, wird man Juliane noch schwer daran knabbern sehen. Man leidet mit der vom launigen Schicksal gebeutelten Liebenden, deren Rolle Nina Hoss einiges abverlangt. Auch die stimmigen Kompositionen der Kameraführung sowie der gut getimte Schnitt lassen einen die von der Vernunft unerklärliche Situation zunehmend vergessen. Dieser Suspense wird auch nicht weiter erklärt, noch scheint es überhaupt der Situation gemäß, als eine Aufgabe wert dann sich zu entschließen alles ganz genau wieder so zu machen wie beim ersten Mal. Die alte Partnerschaft (eine programmatische Arbeitskollegen-Beziehung, die hier aber schon bei der gemeinsamen Wohnungssuche und Familienplanung scheitert) kann keine zweite Chance erwarten. Schwieriger ist die Konfrontation mit der nun wieder lebendigen Freundin und einem Eingriff in deren Leben und dem Schicksalslauf. Von der psychischen Gewalt, die der Wurf in so eine surreale Situation mit sich bringen muss, ganz abgesehen. Als Zuschauer muss man sich auf dieses emotionale Spiel einlassen und dieses im Nachhinein hinterfragen. Jedenfalls sei das Ende nicht verraten, aber eine überraschende Volte gibt dem Film eine stimmige Pointe. Jürgen Grötzinger /
Wertung: * * *
(3 von 5)
Quelle der Fotos: Prokino Filmdaten Fenster zum Sommer Deutschland 2010 Regie: Hendrik Handloegten; Darsteller: Nina Hoss (Juliane Kreisler), Mark Waschke (August Schelling), Lars Eidinger (Philipp Hobrecht), Fritzi Haberlandt (Emily Blatt), Lasse Stadelmann (Otto), Susanne Wolff (Rebecca), Barbara Philipp (Sabine Wirth), Barbara Schnitzler (Dr. Mesmer), Ernst Stötzner (Makler Kupferschmidt), Godehard Giese (Kollege), Mike Adler (Taxifahrer), Christoph Bach (Fred) u.a.; Drehbuch: Hendrik Handloegten nach dem gleichnamigen Roman von Hannelore Valencak; Produktion: Anne Even (ZDF/Arte), Maria Köpf, Lucas Schmidt (ZDF), Andreas Schreitmüller (Arte); Co-Produktion: Liisa Penttilä; Kamera: Peter Przybylski; Musik: Timo Hietala; Schnitt: Elena Bromund; Länge: 95,55 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih der Prokino Film Verleih GmbH; deutscher Kinostart: 3. November 2011
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