08.11.2024

Kennenlernen, Liebe, Krise

Ein Mann und eine Frau

Schauspielerin Anouk Aimée ("8 1/2", "Das süße Leben") starb im Juni 2024. Blicken wir auf einen ihrer wichtigsten Filme, den 1966 gedrehten, preisgekrönten Film "Ein Mann und eine Frau". Ihre Filmfigur Anne lernt einen Mann, Jean-Louis (der zwei Jahre vor Aimée verstorbene Jean-Louis Trintignant) kennen. Die Begegnung ist Zufall, Schicksal. Ihre beiden Kinder gehen auf dasselbe Internat. Um sie kümmern sich der Mann und die Frau in großer Liebe - bald bricht die Liebe auch zwischen den beiden verwitweten Erwachsenen aus. Sie arbeitet beim Film, er ist Rennfahrer.
Regisseur Claude Lelouch erzählt die Entstehung von Gefühlen bis zur großen Krise fast dokumentarisch, driftet manchmal ins Seichte ab, rettet aber den Film, indem er die Geschehnisse mit saloppen Einfällen auflockert und auf den Charme Aimées setzt.

Viel Regen im Film weist darauf hin, dass in der Beziehung von Anne und Jean-Louis nicht alles perfekt laufen wird: Sie trauert ihrem tödlich verunglückten Mann (Pierre Barouh) hinterher, so dass sie dem Neuen in ihrem Leben keine Chance gibt, ohne dass sie das beabsichtigt. Seine Gedanken während einer Autofahrt dazu sprechen Bände, der Film zitiert sie: "Es ist unglaublich, dass man sich so dagegen wehrt, glücklich zu sein." Hier kreist Lelouchs Film um das Thema des Loslassens und des Wagnisses, einen neuen Weg zu beschreiten. Darin ist der Film stark, doch wünscht sich der Zuschauer insgesamt mehr Handlung.

Die Titelmelodie von Francis Lai ist eingängig und berühmt geworden, wie Lais fünf Jahre später Oscar-gekrönte Titelmelodie zu "Love Story" (1971). Sie bestimmt zusammen mit einigen Chansons den Charakter des Films, der teilweise schwarz-weiß ist. Er sollte vollständig schwarz-weiß werden, aber ein Produzent verlangte für den US-Markt Farbaufnahmen. Lelouch drehte die meisten Außenaufnahmen farbig, für mehr reichte das Budget nicht (laut Wikipedia).

Für Lelouch sollte "Ein Mann und eine Frau" zum großen Erfolg werden. Die Goldene Palme in Cannes 1966 und der Oscar als Bester fremdsprachiger Film 1967 waren die Krönung.

1986 und 2019 folgten zwei Fortsetzungen des Films. Der 2024 87-jährige Lelouch drehte sie und konnte jeweils auf seine beiden Darsteller des 1966er-Films zurückgreifen.  

Michael Dlugosch / Wertung: * * * (3 von 5)



Filmdaten

Ein Mann und eine Frau
(Un homme et une femme)

Frankreich 1966
Regie, Produktion und Kamera: Claude Lelouch;
Darsteller: Anouk Aimée (Anne Gauthier), Jean-Louis Trintignant (Jean-Louis Duroc), Pierre Barouh (Pierre Gauthier), Valérie Lagrange (Valerie Duroc), Antoine Sire (Antoine Duroc), Souad Amidou (Françoise Gauthier) u.a.;
Drehbuch: Claude Lelouch, Pierre Uytterhoeven; Musik: Francis Lai; Schnitt: Claude Barrois, Claude Lelouch;

Länge: 102 Minuten; westdeutscher Kinostart: 25. Oktober 1966



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"Die erste Frage war immer, ob ich aus dem Osten oder Westen bin. Hätte man auch googeln können."

Regisseur Wolfgang Becker (22. Juni 1954 - 12. Dezember 2024), Regisseur von "Good Bye, Lenin!", über Interviews zum Film

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