25.04.2018
Draußen in meinem Kopf
![]() "Draußen in meinem Kopf" ist ein Kammerspiel, seine Handlung findet nur in einem Raum statt, Svens Pflegezimmer, abgesehen einmal vom Filmende. Samuel Koch spielt den 28-jährigen Sven, der unter Muskeldystrophie leidet, weswegen er bald sterben dürfte. Sven nimmt sein Schicksal der Krankheit und das Gefesseltsein an einen Ort scheinbar gelassen hin. Doch die Coolness ist nur Fassade, merkt Christoph (Nils Hohenhövel), sein neuer Pfleger, ein frisch von der Schule kommender, noch jugendlich wirkender junger Mann in seinem Freiwilligen Sozialen Jahr. Der Film lebt vom Kontrast der Charaktere zweier junger Männer, die von großartigen Nachwuchsdarstellern gespielt werden. Der Kontrast besteht in der vermeintlichen Coolness des einen und der Unerfahrenheit des anderen. Auf den ersten Blick passt Christoph überhaupt nicht dahin: Sven – trotz ihn komplett lähmender Krankheit – feiert Partys. Christoph hingegen scheint noch nie eine Party gefeiert zu haben, so verklemmt stellt der Film ihn dar. Svens Fete ufert aus, die beiden Heiminsassen, die in Svens Raum sind (einer der beiden gespielt von Lars Rudolph), merken es nicht, aber Svens Kräfte schwinden. Christoph registriert dies und wird zum Spielverderber. Der Rest vom Fest: Der FSJler muss sich um Svens Beinahe-Ohnmacht kümmern.
Unerfahren ist Christoph auch sexuell, und unerfahren darin, dass man dies besser nicht äußern sollte – Sven nutzt es, um sich darüber lustig zu machen ("Schlappschwanz" nennt er ihn in Anwesenheit einer jungen Pflegerin, Eifersucht spielt hier eine wichtige Rolle). Doch der Konflikt der beiden wird sukzessive kleiner, eine Freundschaft entsteht allmählich. Christoph führt einmal den Besuch eines Pfarrers (Bastian Trost) bei Sven ad absurdum, indem er Heavy Metal-Musik auflegt und Luftgitarre tanzt. Christoph, der allmählich auflockert, erkennt, dass Sven anderes benötigt, als erzwungene Gespräche. Der Muskelkranke kann vor solchen Zwängen, wie sie der Geistliche versucht, nicht fliehen. Deswegen erkennt er wohlwollend an, dass Christoph sich nicht nur Mühe in der Pflege gibt, der FSJler entwickelt sich auch zum wie Sven selbst weltoffenen Menschen.
Filmemacherin Eibe Maleen Krebs in ihrem auf einer wahren Begebenheit basierenden Langfilmdebüt (Drehbuch: Krebs mit Andreas Keck) schafft es, Kitsch oder von der Handlung Ablenkendes zu vermeiden, sie konzentriert sich auf den einzigen Raum, in dem der Film spielt, die beiden Figuren und ihre Kontrastierung in nahezu bravouröser Form. Michael Dlugosch /
Wertung: * * * *
(4 von 5)
Quelle der Fotos: Martin Menke Junafilm Filmdaten Draußen in meinem Kopf Deutschland 2018 Regie: Eibe Maleen Krebs; Darsteller: Samuel Koch (Sven), Nils Hohenhövel (Christoph), Eva Nürnberg (Louisa), Lars Rudolph (Larry), Wieslawa Wesolowska (Beate), Mario Fuchs (Laus), Bastian Trost (Pastor Wieckmann), Franziska Arndt (Sylvia), Harald Schwaiger (Prof. Steffens) u.a.; Drehbuch: Eibe Maleen Krebs, Andreas Keck; Produzentin: Verena Gräfe-Höft; Kamera: Judith Kaufmann; Musik: Martin Lingnau, Ingmar Süberkrüb; Schnitt: Marianne von Deutsch; Länge: 99,28 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih der Salzgeber & Co. Medien GmbH; deutscher Kinostart: 26. April 2018
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