Oktober 2001
Die Gewalt und die schöne Kunst
Die Klavierspielerin
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Die nicht mehr ganz junge Pianistin und Professorin für Klavier Erika Kohut (Isabelle Huppert) lebt mit ihrer Mutter (Annie Girardot) seit dem Tod des Vaters in einem fatalen Abhängigkeitsverhältnis. Sogar das elterliche Ehebett teilen die Frauen. Eifersüchtig bewacht die Mutter die Tochter, die es anscheinend schon lange aufgegeben hat, sich aus dieser erstickenden Hassliebe zu befreien. Ihre Befriedigungen findet die freudlose Erika in Selbstverstümmelungen, beim Schnuppern am Sperma in Sexvideokabinen und in einer übergroßen Strenge und Grausamkeit gegenüber ihren Klavierschülern, bis sie sich eines Tages in einen Studenten verliebt: Walter Klemmer (Benoit Magimel), ein vielversprechendes Klaviertalent, der ihr offen Avancen macht, und es gegen ihren Willen schafft, in ihre Meisterklasse aufgenommen zu werden. Nach anfänglichem Widerstand stellt Erika autoritär Bedingungen für ihre Art einer Liebesbeziehung: Nur in masochistischer Erniedrigung will sie "geliebt" werden. In einem langen Brief verlangt sie u.a. "Schläge mit dem Handrücken, und wenn ich bettele, dass du aufhörst, sollst du mich nur noch härter schlagen". Als Walter sich daraufhin angewidert von ihr abwendet, stellt sie ihm nach und verspricht ihm, alles zu tun, was er will, seine "normale" Liebe zu praktizieren, weil sie "ein Leben lang auf ihn gewartet" habe und ihn liebe. Aber dann demütigt, misshandelt, vergewaltigt und verlässt er sie schließlich, aus Gründen gekränkter Eitelkeit, voller Verständnislosigkeit und Hass. Erika bleibt allein in ihrem Käfig. Die einzige Chance einer Äußerung und Kontaktaufnahme ihres eingesperrten Ichs ist gescheitert. Sie wird nicht verstanden. Ihr Leben ist endgültig obsolet geworden.
Andreas Thomas
/ Wertung:
* * * *
(4 von 5)
Filmdaten Die Klavierspielerin (La Pianiste) Frankreich / Österreich 2001 Regie: Michael Haneke; Drehbuch: Michael Haneke nach dem gleichnamigen Roman von Elfriede Jelinek (1983); Produktion: Michael Katz, Yvon Crenn; Produktionsleitung: Ulrike Lässer; Kamera: Christian Berger; Schnitt: Monika Willi; Darsteller: Isabelle Huppert (Erika Kohut), Benoît Magimel (Walter Klemmer), Annie Girardot (Die Mutter), Anna Sigalevitch (Anna Schober), Susanne Lothar (Frau Schober), Udo Samel (Dr. Blonskij), Vitus Wieser (Klemmers Freund), Georg Friedrich, Dieter Berner, Gerti Drassl u.a. Länge: 130 Minuten; FSK: ab 16 Jahren; ein Film im Verleih von Concorde Filmverleih; deutscher Kinostart: 11. Oktober 2001; Wettbewerbsfilm von Cannes 2001;
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