05.08.2010
Die Beschissenheit der Dinge
"Die Beschissenheit der Dinge" ist eine Tragikomödie des belgischen Regisseurs Felix van Groeningen. Das Werk ist eine Adaption des autobiographischen Romans "De helaasheid der dingen" von Dimitri Verhulst.
Die Strobbes führen ein zwangloses Leben ohne jeglichen Weitblick, was wenig verwundert, sind doch Weitsicht und Vorausschau eher bürgerliche Tugenden. Die Strobbes leben unter asozialen Bedingungen einfach in den Tag hinein, ohne wirklichen Glauben an die Wirkung der eigenen Handlungen. So sehen die Strobbes beispielsweise ihr Leben weniger durch ihr eigenes Engagement bestimmt, als vielmehr abhängig von Glück und Pech des von ihnen verehrten amerikanischen Sängers Roy Orbison. Dieser ist für die Strobbes eine Art prophezeiendes Orakel: Die Strobbes sind der festen Überzeugung ihr Leben verlaufe parallel zu dem von Roy Orbison. Hat Roy Orbison ein Tief, müssen sich auch die Strobbes auf schwierige Zeiten einstellen, geht es Roy Orbison wieder gut, können auch die Strobbes wieder mit einer Phase unerklärlichen Glücks rechnen.
Es scheint so, als gäbe es nur wenig Chancen für Gunther diesem asozialen Umfeld zu entfliehen und einen alternativen Lebensweg als den seines Vaters und dessen Brüder zu wählen. Hierbei macht dieses Sozialdrama auf einen gesellschaftlich wichtigen Punkt aufmerksam: die Reproduzierbarkeit von Milieus und Armut sowie die Macht der familiären Sozialisation. Dennoch gelingt es Gunther, nachdem auch das Jugendamt auf die schwierigen Verhältnisse innerhalb der Strobbe-Familie aufmerksam wird, seinem familiären Umfeld den Rücken zu kehren und findet Zuflucht in einem Internat.
Felix van Groeningens "Die Beschissenheit der Dinge" ist eine wunderbare Milieustudie und gibt einen wirklich interessanten und aufschlussreichen Blick auf das Leben und den Habitus der sogenannten Unterschicht. All dies ist auf gewisse Weise schockierend und verstörend, doch es ist nie nur pessimistisch und deprimierend. Felix van Groeningen schafft es, all dies wertfrei zu inszenieren, ohne das von ihm beschriebene Milieu der Lächerlichkeit preiszugeben. Der Film weist nicht bloß auf das Asoziale und Entmutigende hin, sondern versucht ebenfalls den Reiz und den Charme dieses Milieus einzufangen. So führen die Strobbes etwa einen vollkommen alternativen Lebensentwurf zu den bürgerlichen Vorstellungen eines "richtigen" und "guten" Lebens. Das Leben der Strobbes ist, neben all den schlimmen Umständen, ein sehr zwangloses Leben. Es gibt weder Regeln, an die man sich halten muss, noch gibt es einen festen Zeitplan oder Zwänge, nach denen man sein Leben gestalten muss. Felix van Groeningen schafft es, geschickt mit komödiantischen Elementen und dem Drama eines verkorksten Lebens zu jonglieren. Katharina Prohaska /
Wertung: * * * * *
(5 von 5)
Quelle der Fotos: Camino Filmverleih / offizielle Film-Homepage Filmdaten Die Beschissenheit der Dinge (De helaasheid der dingen) Belgien 2009 Titel für den englischsprachigen Markt: The Misfortunates Regie: Felix van Groeningen; Darsteller: Kenneth Vanbaeden (13 Jahre alter Gunther Strobbe), Valentijn Dhaenens (erwachsener Gunther Strobbe), Koen De Graeve (Marcel 'Celle' Strobbe), Wouter Hendrickx (Lowie 'Petrol' Strobbe), Johan Heldenbergh (Pieter 'Breejen' Strobbe), Bert Haelvoet (Koen Strobbe), Gilda De Bal (Meetje Strobbe), Natali Broods (Tante Rosie), Pauline Grossen (Nichte Sylvie), Sofie Palmers (Gunthers Freundin), Guy Dermul (Schuldirektor), Jos Geens (André) u.a.; Drehbuch: Christophe Dirickx, Felix Van Groeningen nach dem Roman von Dimitri Verhulst; Produktion: Dirk Impens; Co-Produktion: Jeroen Beker, Frans van Gestel; Kamera: Ruben Impens; Musik: Jef Neve; Länge: 108 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von Camino; deutscher Kinostart: 20. Mai 2010
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