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20. November 2006
Die äußeren Werte
Der Teufel trägt Prada Karriere machen oder Mensch bleiben: Es ist eine Diskrepanz, von der Andy (Anne Hathaway) keine Ahnung hatte. Modemagazin-Herausgeberin Miranda Priestly (Meryl Streep) stellt Andy aus einer ihrer extravaganten Launen heraus als deren Assistentin ein, obwohl Andy die Welten von Haute Couture und Hautevolee erst verinnerlichen muss. Das tut sie, zur Überraschung aller.
David Frankels Farce wandelt als Verfilmung eines erfolgreichen, mutmaßlichen Tatsachenromans auf dem Grat zwischen treffend analysierender sozialkritischer Komödie und mit Naivität durchsetzter Klamotte. Aber kein Film erläutert die heutigen Zustände in der Arbeitswelt besser. Über den Gründer und Chef des Software-Unternehmens Oracle gibt es folgenden Witz, kolportiert von seinen Untergebenen: Der Unterschied zwischen Larry Ellison und Gott sei, Gott halte sich nicht für Larry Ellison. Über nahezu jeden Top-Manager könnte dieser Kalauer seine Runde drehen. Namen sind austauschbar, jeder ist ersetzbar. Willkommen im Berufsleben. Wer nach ganz oben will, hat sich an die Spielregeln zu halten und rechtzeitig eine Ellenbogenmentalität zu entwickeln. Alle anderen fallen tief, mehr oder weniger.
Die Modebranche als Teil der knallharten Wirtschaft bietet in medialer Rezeption natürlich ein ideales Bild für Kritik an den Ausartungen der Arbeitswelt: Nur die äußeren Werte zählen. Die Mitarbeiterinnen des Fashion-Magazins haben Model-Figur und haben sie zu haben, tragen nur Top-Markenartikel und haben sie zu tragen, genauso erwünschtermaßen wie als zu eigen gemachtes Stilprinzip. Zerrbild USA: Die Gegensätze Arm und Reich driften auseinander und Haute Couture sorgt zusätzlich demonstrativ für Abgrenzung, die derzeit in Amerika nicht mehr hingenommen wird wie bisher. Lauren Weisbergers Roman, ein Bestseller basierend auf den tatsächlichen Erfahrungen der Autorin in der Modewelt, konnte nicht unverfilmt bleiben.
Die kontrastierende Moral wird im Film - wieder dick aufgetragen - personifiziert durch Andys Freund Nate, der sie aus dem ihr Privatleben zerschneidenden Arbeitsverhältnis heraushaben möchte. Das Paar hält nicht durch, trennt sich und findet wieder zusammen. Nates erster Satz zur Begrüßung: "Ich muss in 20 Minuten bei der Arbeit sein." Die Situation wird jedem einer Tätigkeit nachgehenden und womöglich daraus resultierend um sein Privatleben kämpfenden Zuschauer bekannt vorkommen. Ihm ist dieser Film zweifellos gewidmet.
Michael Dlugosch /
Wertung:
* * * (3 von 5)
Quelle der Fotos: 20th Century Fox Filmdaten Der Teufel trägt Prada (The Devil wears Prada) USA 2006 Regie: David Frankel; Darsteller: Meryl Streep (Miranda Priestly), Anne Hathaway (Andy Sachs), Stanley Tucci (Nigel), Simon Baker (Christian Thompson), Emily Blunt (Emily), Adrian Grenier (Nate) u.a.; u.a. als Gäste: Heidi Klum, Gisele Bündchen, Valentino; Drehbuch: Aline Brosh McKenna nach dem gleichnamigen Roman von Lauren Weisberger; Produktion: Wendy Finerman; Ausführende Produzenten: Karen Rosenfelt, Joe Caracciolo jr.; Kamera: Florian Ballhaus; Schnitt: Mark Livosi; Musik: Theodore Shapiro; Länge: 110 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; deutscher Kinostart: 12. Oktober 2006; ein Film im Verleih von 20th Century Fox of Germany
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