07.02.2020

Der schwarze Diamant

Es gibt zwei Arten von Netflix-Filmen. Die eine Sorte sind die hochwertigen, guten Filme, die gerade 2019 brillieren konnten, wie zum Beispiel "The Marriage Story", "The Irishman" oder "My Name Is Dolemite". Die andere Sorte, sind die Filme, die es darauf abgesehen haben eine lockere, lustige Geschichte zu erzählen, dabei aber bei der internationalen Kritik gnadenlos scheitern. Hierbei sind "Murder Mystery", "Sandy Wexler" und "The Kissing Booth" zu nennen. Natürlich gibt es auch Filme die sich zwischen dieses beiden Gruppen bewegen, aber eine klare Trennung ist gerade durch das letzte Jahr zu erkennen.
In zwei der oben genannten, schlechteren Filme spielt Adam Sandler die Hauptrolle. So auch in der neuen Netflix-Produktion "Der schwarze Diamant", und trotzdem gehört dieser neue Streifen zu der erstgenannten Gruppe von klug geschriebenen und intelligent inszenierten Filmen.

Ständiges Vibrieren des Telefons, Klingeln der Tür und Gequatsche von fremden Leuten bilden für Howard Ratner, einen Juwelier aus New York, den Soundtrack seines Lebens. Getrieben von einem Termin zum nächsten und gefolgt von zwei neuen Problemen, die das alte abgelöst haben taumelt Ratner durch die Großstadt. Geleitet durch den ständig gehetzten Pendler zwischen Familie und Affäre, beobachtet der Zuschauer über 135 Minuten die Abwärtsspirale eines Mannes, der sich von Versprechen zu Versprechen hangelt und dessen Leben ein einziges Wettrennen um Geld und Anerkennung ist.

Inszeniert wird das Ganze von den Brüdern Safdie, die dem Zuschauer über die gesamte Lauflänge einen Menschen näher bringen, der Produkt seiner durchgehend bewegten Umgebung ist und sich somit wie ein Hamster dem rotierenden Rad angepasst hat und versucht, nicht hinzufallen, sondern immer weiter zu laufen.

Anfangs ist es schwer Ratner bei seinem Alltag zu folgen, doch je länger der Film läuft, desto mehr vermag der Zuschauer zu begreifen, was hinter dieser blassen Persönlichkeit steckt und was ihn zu dem macht was es ist.

Was bereits Bertolt Brecht mit dem modernen Theater schaffte, wird hier von Josh und Benny Safdie ebenso angewandt. Es wird eine Person gezeigt, die nicht so ist wie sie scheint. Eine Person die sich verändern kann und bei der es nicht darum geht, wie sie ist, sondern warum sie so ist und was aus ihr werden kann.

Genau das macht "Der schwarze Diamant" so besonders und eindrucksvoll. Er zeigt uns einen Menschen in einer Welt, in der Geschichte nur von denen geschrieben wird, die gewonnen haben und nicht von denen, die verloren haben, und es liegt an uns, dem Beobachter, etwas aus dieser Person zu machen und daraus unsere Lehren zu ziehen.

"Der schwarze Diamant" kann auf ganzer Linie glänzen. Der Film hat im Gegensatz zu seinem Hauptcharakter keine Schwächen und ist auch ungeschliffen perfekt. Die Brüder Safdie zeigen unserer Gesellschaft des Kapitalismus und Konsums den Spiegel vor und veranschaulichen, was mit einem Menschen in dieser Umgebung passieren kann.  

Gregor Oldenburg / Wertung: * * * * * (5 von 5)



Filmdaten

Der schwarze Diamant
(Uncut Gems)

USA 2019
Regie: Benny und Josh Safdie;
Darsteller: Adam Sandler (Howard Ratner), Idina Menzel (Dinah Ratner), LaKeith Stanfield (Demany), Julia Fox (Julia De Fiore), Noa Fisher (Marcel Ratner), Eric Bogosian (Arno), Mike Francesa (Gary), Kevin Garnett (Kevin Garnett), Judd Hirsch (Gooey), Jonathan Aranbayev (Eddie Ratner), Josh Ostrovsky (Noah), Ronald Greenberg (Rodney Bronstein), Marshall Greenberg (Steve Bronstein), Warren Finkelstein (Dr. Blauman), The Weeknd, Tilda Swinton (Stimme von Anne) u.a.;
Drehbuch: Ronald Bronstein, Josh Safdie, Benny Safdie; Produzenten: Sebastian Bear-McClard, Eli Bush, Irfaan Fredericks, Scott Rudin; Kamera: Darius Khondji; Musik: Daniel Lopatin; Schnitt: Ronald Bronstein, Benny Safdie;

Länge: 135 Minuten; deutscher Kinostart: keiner; Netflix-Produktion: Internet-Start am 31. Januar 2020



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