12. März 2001
Horror-Klassiker im neuen Gewand
Der Exorzist - Director's Cut
1973 schockierte und faszinierte William Friedkin das Kinopublikum mit seiner Verfilmung des Blatty-Bestsellers "Der Exorzist", doch auch heute, fast dreißig Jahre nach der Uraufführung, hat dieser Klassiker des Horror-Genres nichts von seiner Wirkung verloren. Digital überarbeitet und mit noch nie gezeigten Szenen kommt er jetzt wieder in die Kinos.
![]() "Der Exorzist" entführt den Zuschauer in die Welt des Para-Normalen. Genüsslich destruiert Friedkin jede erdenkliche Form der wissenschaftlichen Erklärung, bis nur noch eine Option offen bleibt: Das Böse existiert - und es ist mächtig. Dabei verzichtet er weitgehend darauf, dem Dämon eine Gestalt zu geben, ihn zu personifizieren; lediglich die Symptome seiner Anwesenheit zeigt er auf. Auch die Statue, die als unheilvoller Botschafter dem Bösen vorangeht, ist nur der steingewordene Ausdruck der menschlichen Hilflosigkeit angesichts des Ungreifbaren und Unbegreifbaren. Es gibt keine Tür, die ihm den Weg versperrt, keine Flucht. Deutlich wird dies, wenn Regan, als willenloses Werkzeug, auf grauenhafte Weise andere und sich selbst verletzt. Wohin sollte sie fliehen, da das Böse in ihr ist, von ihrem Körper Besitz ergriffen hat? Doch stehen dem Dämon noch andere wirkungsvolle Waffen zur Verfügung, denn er greift den Menschen da an, wo er am Schwächsten ist: in seinen Schuldgefühlen. Karras fühlt sich für den Tod seiner Mutter verantwortlich, die einsam und alleingelassen stirbt und erst Wochen später in ihrer Wohnung aufgefunden wird. Diese Schwäche macht sich der Dämon zunutze, indem er den Priester, in vollendeter Perfidität, mit der Stimme der Mutter fragt, warum er sie umgebracht habe.
Der bedrohlichen Atmosphäre, den düsteren Omen zum Trotz: Nichts bereitet den Betrachter auf das Grauen vor, das ihn erwartet. Mit einer Mischung aus Abscheu und Neugierde betritt man immer aufs Neue Regans Zimmer, um zu sehen, welche erschreckenden Veränderungen diesmal stattgefunden haben. Für die Maske finden sich fast keine Superlative (die fürchterliche Stimme von Mercedes McCambridge kann leider nur in der Originalfassung genossen werden - in der Synchronisation wirkt sie nicht halb so gut), doch steht die schauspielerische Leistung Linda Blairs dem nicht nach. In ihrer stärksten Szene sitzt es / sie - nach begangenem Mord diabolisch kichernd - zusammengekauert am Bettpfosten, den eintretenden Karras verhöhnend: Schauderhaft gut! Die elf Minuten, um die der Director's Cut gegenüber der Ur-Fassung länger ist, tragen nichts Neues zum Verständnis des Films bei, verstärken aber das retardierende Moment. Doch allein die digitale Überarbeitung des schon damals mit einem Oscar prämierten Sounds rechtfertigt diese neue Schnittfassung. Wer "Der Exorzist" schon kennt, wird sich das Kino-Erlebnis sowieso nicht nehmen lassen, für den aber, der in der beneidenswerten Lage ist, dieses Meisterwerk erstmalig sehen zu dürfen, bedeutet der Kino-Besuch ein unbedingtes Muss!
Stefan Strucken
/ Wertung:
* * * *
(4 von 5)
Filmdaten Der Exorzist - Director's Cut (The Exorcist - the version you haven't seen yet) USA 1973 / 2001 Regie: William Friedkin; Drehbuch (nach seinem Roman "The Exorcist"): William Peter Blatty; Kamera: Owen Roizman; Schnitt: Evan Lottman, Norman Gay; Musik: Jack Nitzsche; Ton: Chris Newman; Maske: Dick Smith; Spezialeffekte: Bill Malley; Produzenten: William Peter Blatty, Noel Marshall; Darsteller: Max von Sydow (Pater Merrin), Jason Miller (Pater Karras), Linda Blair (Regan), Ellen Burstyn (Chris McNeil), Lee J. Cobb (Kinderman), Kitty Winn (Sharon), Jack MacGowran (Burke Dennings), Rudolf Schündler (Karl), Gina Petrushka (Willie), Vasiliki Mallaros (Mutter von Karras), Titos Vandis (Onkel von Karras), Rev. William O'Malley (Pater Dyer) u.a.; Länge:
132 min.; FSK: ab 16 Jahren; ein Film im Verleih von Warner Bros.;
deutscher Kinostart als Director's Cut: 15.03.2001;
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