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09.12.2011
Das System – Alles verstehen heißt alles verzeihen
Mecklenburg-Vorpommern, Gegenwart: Ein junger Kleinkrimineller (Jacob Matschenz) gerät von der schiefen Bahn ab in scheinbar solide Verhältnisse. Nun trägt Mike Anzug und Krawatte, weil der mächtige Konrad Böhm (Bernhard Schütz) es so will. Der Geschäftsmann führt den 20-Jährigen, der die DDR nicht erlebt hat, in alte, aber immer noch funktionierende Stasi-Seilschaften ein. Mike ist fasziniert. Überdies spielt Böhm für Mike den Vater, den der nie hatte. Dass Mike seinen Vater nie kennenlernte, hat mit dem ehemaligen Ost-Agenten Böhm zu tun.
Marc Bauders Spielfilmdebüt greift ein wichtiges Thema leider nur oberflächlich auf: Was ist aus den Mitschuldigen an den DDR-Verbrechen nach der Wende geworden? Sogar ein Alt-Bundeskanzler kriegt im Film "Das System" sein Fett weg, Gerhard Schröder. Seine Freundschaft zum "lupenreinen Demokraten" Wladimir Putin brachte ihm, wie man weiß, kurz nach der verlorenen Wahl 2005 einen lukrativen Posten bei der Gesellschaft ein, die eine Ostsee-Pipeline errichtet. Daran erinnert der Film, denn auch um den Bau dieser Pipeline geht es, wenn Marc Bauder von früheren DDR-Funktionären und ihren immer noch existierenden mafiosen Strukturen erzählt. Im Pressematerial zum Film erwähnt Bauder, dass man über den Vorstandsvorsitzenden der Betreiberfirma der Ostsee-Pipeline lesen könne, er habe bis zum Mauerfall für die Auslandsaufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit gearbeitet. "Was ich aber viel spannender finde", sagt Bauder, sei, dass der Mann "gleich 1990 von der Dresdner Bank angeworben wurde, um für sie das Bankengeschäft in Russland aufzubauen. Er besorgte prompt die erste Banklizenz für Ausländer in St. Petersburg. Im Rathaus damals zuständig: Wladimir Putin. Das nur als eines von vielen Beispielen zum Thema Kontinuität von Eliten." Putin war einst, unter anderem in Dresden, Mitarbeiter des KGB.
Michael Dlugosch /
Wertung: * *
(2 von 5)
Quelle der Fotos: Filmlichter und siehe jedes einzelne Bild Filmdaten Das System – Alles verstehen heißt alles verzeihen Deutschland 2011 Regie: Marc Bauder; Darsteller: Jacob Matschenz (Mike Hiller), Bernhard Schütz (Konrad Böhm), Jenny Schily (Elke Hiller), Heinz Hoenig (Herbert Tieschky), Florian Renner (Dustin), Jürgen Holtz (Zschernigk), Franziska Wulf (Janine), Michael Abendroth (Frings), Rosa Enskat (Rita) u.a.; Drehbuch: Dörte Franke, Khyana el Bitar; Produzenten: Alexander und Manuel Bickenbach; Co-Produktion: Marc Bauder; Kamera: Daniela Knapp; Musik: Paul Lemp; Länge: 91,53 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih der Filmlichter GmbH; deutscher Kinostart: 12. Januar 2012 nominiert für den Max Ophüls Preis 2011
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