21.03.2006
"Unterschätzen
Sie die Stasi nicht"
Das Leben der Anderen
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Die ersten Bilder sind erschütternd: Sie zeigen, mit welchen Methoden Wiesler
Verdächtige in einem dunklen Verlies verhört. Wiesler arbeitet berechnend
und präzise, während die Verhörten weinen. Die Verhörszenen
werden allerdings immer wieder unterbrochen durch Bilder von Wieslers Seminaren
an der Stasi-Hochschule. Hier erfahren die Studierenden (und das Kinopublikum)
die Hintergründe der praktischen Arbeit. Es wird deutlich, dass Wiesler
vom System der DDR überzeugt ist. Die Verhöre stehen für ihn im
Dienst des Sozialismus, des großen Ganzen, an das er glaubt. In diesen
Szenen und angesichts der Verwanzung einer Wohnung kommt zur Wut des Zuschauers
auch Bewunderung für den Perfektionismus des Geheimdienstes, der mit CIA
und Mossad als bester der Welt galt.
Durch Ulrich Mühe wird die ungewöhnliche – und untypische – Geschichte eines Stasi-Spitzels für den Zuschauer vollkommen glaubwürdig erzählt. Es ist für den Zuschauer auch in Zeiten seiner Linientreue unmöglich, den Stasi-Mann, der seine Verhörten in die Verzweiflung treibt, als grundsätzlich schlechten Menschen zu verurteilen. Als „Verräter“ seines Systems, der er wird, aber auch als Verhör-Führer wirkt er nicht unsympathisch, sondern eher als guter Mensch, der am Anfang eben für eine Ideologie kämpft, an die er glaubt.
Ausnahmslos jeder Kinofilm, der die DDR im Rückblick thematisierte, malte ein rosarotes Bild der Ostalgie. Die ersten beiden Filme hatten noch einen gewissen Wert: „Sonnenallee“ (1999) zeigt, dass im Osten eben nicht alles schlechter war als im Westen, wie viele Wessis in ihrer Sanierermentalität (Stichwort: „Buschzulage“) glaubten. „Helden wie wir“ hingegen ist schon wegen seiner satirischen Anspielungen auf Christa Wolf bedeutend und kann außerdem als Versuch gesehen werden, den Mauerfall zu entmythisieren.
Tobias Vetter /
Wertung:
* * * * *
(5 von 5)
Quelle der Fotos: Buena Vista Filmdaten Das Leben der Anderen Deutschland 2005 Regie und Drehbuch: Florian Henckel von Donnersmarck Darsteller: Ulrich Mühe (Gerd Wiesler), Martina Gedeck (Christa-Maria Sieland), Sebastian Koch (Georg Dreymann), Ulrich Tukur (Anton Grubitz), Thomas Thieme (Bruno Hempf), Hans-Uwe Bauer (Paul Hauser), Charly Hübner (Udo), Herbert Knaup (Gregor Hessenstein), Bastian Trost (Häftling), Martin Brambach (Einsatzleiter Meyer), Hinnerk Schönemann (Unterleutnant Axel Stigler), Matthias Brenner (Karl Wallner), Marie Gruber u.a.; Kamera: Hagen Bogdanski; Länge: 132 Minuten; FSK: ab 12 Jahren; ein Film im Verleih von Buena Vista; deutscher Kinostart: 23. März 2006 |
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