29.11.2019

Das Geheimnis der Flamingos

Wirklich schön sind Flamingos ja nicht. Mit den blutroten Augen, den übergroßen, schwarzen Schnäbeln, den langen Hälsen und den dürren, klapprigen Stelzen sehen sie eher "interessant" aus. Nun gut: Wenn sie mal trocken sind, wirken sie ganz schön flauschig, gerade die Kleinen. Trotzdem sind Flamingos keine Pinguine und auch keine Erdmännchen. Umso schöner also, dass sie in der gegenwärtigen Hochphase der Naturdokus mit "Das Geheimnis der Flamingos" dennoch einen eigenen Film bekommen haben.

Matthew Aeberhard und Leander Ward porträtieren die Tiere in der altbewährten Naturfilm-Dramaturgie: Die wesentliche Lebensspanne eines Flamingos, von der Geburt bis zum Brüten, dient als narratives Gerüst. "Sie", ein konstruiertes Flamingo-Weibchen, wird mit 1,5 Millionen Artgenossen auf dem unwirtlichen Natronsee in Tansania geboren, der direkt an einem Vulkan in einer bizarren Landschaft liegt. Nach einiger Zeit ziehen die Flamingos in einer riesigen Karawane zu einem anderen See, um schließlich an ihren Geburtsort zurückzukehren und eigene Junge zu gebären. Zwischendurch werden die Vögel von Marabus und anderen Feinden attackiert und in ihrer Kolonie gefilmt.

Der Kommentar nimmt sich weitgehend zurück und belässt es bei den wunderbaren Aufnahmen, einem 75-minütigen Best of des umfangreichen Rohmaterials. Ganz in der Tradition erfolgreicher BBC-Dokumentationen wie "Deep Blue" oder "Unsere Erde" positioniert sich "Das Geheimnis der Flamingos" also. Die Mahnung an den Zuschauer bezüglich der Zerstörung der Natur wird erst vor dem Abspann in einem Insert abgehandelt und auf die Unsitte, die Tiere mit lieblichen Stimmen zu bedenken, wurde auch verzichtet. Abgesehen von der teilweise sehr großzügigen, dafür aber gelungenen musikalischen Untermalung ist man mit den Tieren und der Landschaft also allein.

Am Ende verhaspelt der Flamingo-Film aus dem Hause Disney sich aber. Ein mögliches Schlussbild reiht sich ans nächste, während der nun dominante Off-Sprecher die Flamingos auf eine mythologische Ebene erhöhen will. Mit einem solchen Anliegen hat "Das Geheimnis der Flamingos" auch schon begonnen, scheinbar ohne zu merken, dass derlei verkrampftes Ornament überhaupt nicht nötig ist: Den märchenhaften Rahmen braucht der Film gar nicht – die phantastischen Bilder von den komischen Vögeln alleine hätten vollauf gereicht.



Diese Filmkritik ist zuerst erschienen bei fluter.de.

 

Christian Horn / Wertung: * * * (3 von 5)



Filmdaten

Das Geheimnis der Flamingos
(The Crimson Wing: Mystery of the Flamingos)

USA/GB 2008
Regie: Matthew Aeberhard, Leander Ward;
Deutsche Erzählerin: Karoline Herfurth;
Produzenten: Matthew Aeberhard, Leander Ward, Paul Webster; Kamera: Matthew Aeberhard; Musik: The Cinematic Orchestra; Schnitt: Nicolas Chaudeurge;

Länge: 78 Minuten; FSK: ohne Altersbeschränkung; deutscher Kinostart: 3. Dezember 2009



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"Was soll das denn sein - wo du doch Schauspieler sein kannst? Da will man doch nicht Arzt werden!"

Die Reaktion der schauspielernden Eltern von Michael Verhoeven (13. Juli 1938 - 22. April 2024) auf seinen Wunsch, Medizin zu studieren - er wurde Regisseur ("o.k.", "Die weiße Rose"), Schauspieler ("Das fliegende Klassenzimmer" (1954), "Der Pauker") und Arzt

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