17.01.2021

Cinema Paradiso

Ein Liebesbrief an die Filmkunst und das Kino.
Das Cinema Paradiso ist das Herz eines kleinen sizilianischen Dorfes. Es ist der Ort der Attraktionen. Es ist der Treffpunkt für Freunde und Geliebte. Es ist der Ort, an dem die Dorfbewohner auf die Leinwand gucken und ein Leben über ihre eigenen Umstände hinaus sehen: das Leben von Helden und Schurken, von großen Abenteuern, Fantasien, Liebesgeschichten, Kämpfen und Siegen. Der Film zeigt uns, wozu das Kino fähig ist und lässt uns dieselben Erlebnisse erfahren.

Dabei ist unser Held ein renommierter italienischer Filmemacher namens Salvatore Di Vita. Der Film beginnt damit, dass dieser die Todesnachricht eines Bekannten, genannt Alfredo, erhält. In Rückblicken wird uns die Beziehung zwischen dem Regisseur und dem Bekannten in ihrer ganzen Entwicklung offenbart.

Salvatore, in der Heimat bekannt als Totò, war in seiner Kindheit der leidenschaftlichste Besucher des Cinema Paradiso. Die Rückblicke zeigen uns, wie er jede Gelegenheit nutzt und sich in den Filmsaal schleicht, um die vom Filmvorführer Alfredo projizierten Bilder zu bestaunen. Auch wenn der Filmvorführer zu Beginn eine strenge Haltung gegenüber unserem kleinen Helden aufweist, entwickeln die beiden im Laufe der Zeit eine berührende und herzerwärmende Freundschaft, die damit einhergeht, dass Totò seine ersten technischen Erfahrungen als Alfredos Lehrling erlangt und von diesem auch für eine Karriere als Filmemacher ermutigt wird. Neben dem Verhältnis, das durch das Kino zustande kommt, teilen unsere Protagonisten auch jedes Leid und jede Freude, mit denen sie in der kleinen Gemeinde konfrontiert werden.

Giuseppe Tornatore schafft eine Welt voller nostalgischer Magie, ohne von der Realität des Lebens abzukommen. Dadurch, dass die Geschichte größtenteils als Erinnerung erzählt wird, ist der Film von dieser nostalgisch-magischen Atmosphäre geprägt. Die Farbgebung, die Ortschaften, kleine Requisiten, die Dialoge und jedes weitere Detail vermitteln das Gefühl des süßen Andenkens an die Kindheit und Jugend, die in der Leere des Alltags einer erwachsenen Person verspürt wird. Trotz der Romantisierung der Nostalgie durch die konstruierte Atmosphäre beinhalten die Erinnerungen ebenfalls die schmerzhaften Momente der Vergangenheit. An dieser Stelle ist die einzigartige Filmmusik des Meisters Ennio Morricone zu erwähnen, die jede der genannten Emotionen um so stärker fühlen lässt. Der visuellen Ästhetik entsprechend werden die Bilder von einer Musik begleitet, die uns sowohl in dem reizvollen Zauber der Vergangenheit einfängt als auch die dazugehörige Melancholie herbeiführt.

Doch was Cinema Paradiso so besonders macht, ist nicht nur die gefühlvolle Geschichte. Es ist die Antwort auf die Frage, welche Bedeutung Filme für uns haben. Diese Frage bedarf selbstverständlich keiner strikten Formel. Die Gründe der Liebe für das Kino können unterschiedlichster Natur sein. Als Filmemacher voller Hingabe zu seiner Kunst gibt Tornatore uns die Einsicht in seine Auffassung der Frage: Filme können uns unser ganzes Leben lang begleiten, wie das Cinema Paradiso während der ganzen Handlung ein Teil der Geschehnisse ist. Das Kino bringt Menschen zusammen. Es dient als Fluchtort von den Sorgen des Lebens und als Inspiration für das Leben, aber es ist nicht größer als das Leben selbst. Giuseppe Tornatore überzeugt uns von der Wirkung der Kunst, lässt uns aber nicht der Illusion verfallen, es sei absolut.

In dem entschiedensten Moment der Geschichte heißt es nämlich: "Das Leben ist kein Film, das Leben ist viel komplizierter."  

Hüsna Yildiz / Wertung: * * * * * (5 von 5)



Filmdaten

Cinema Paradiso
(Nuovo Cinema Paradiso)

Italien/Frankreich 1988
Regie: Giuseppe Tornatore;
Darsteller: Philippe Noiret (Alfredo), Salvatore Cascio (Salvatore 'Totò' Di Vita als Kind), Marco Leonardi (Salvatore 'Totò' Di Vita als Teenager), Jacques Perrin (Salvatore Di Vita als Erwachsener), Agnese Nano (Elena Mendola), Antonella Attili (junge Maria), Pupella Maggio (alte Maria), Enzo Cannavale (Spaccafico), Isa Danieli (Anna), Leopoldo Trieste (Vater Adelfio), Brigitte Fossey (Elena Mendola als Erwachsene), Giuseppe Tornatore (Filmvorführer) u.a. ;
Drehbuch: Giuseppe Tornatore unter Mitwirkung von Vanna Paoli; Produzenten: Franco Cristaldi, Giovanna Romagnoli; Kamera: Blasco Giurato; Musik: Ennio Morricone; Schnitt: Mario Morra;

Länge: 118 Minuten (Director's Cut: 168 Minuten); FSK: ab 12 Jahren; deutscher Kinostart: 7. Dezember 1989



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