15. Februar 2001
Zart, aber im Nachgeschmack ein wenig süßlich
Chocolat
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Man ahnt
es bereits, und die Handlung ist in der Tat voraussehbar, deswegen aber
nicht weniger unterhaltsam und charmant erzählt.
Wie so oft in Filmen wird der Mief von verstaubten Ansichten und hinterwäldlerischen Moralzwängen aufgezeigt und verdammt. Klar: Wir sind dagegen. Leider fehlt ein Erklärungsansatz, wo dieses Denken herrührt. Weil es einfacher ist, sich an den strengen Regeln einer gegebenen Religion zu orientieren als sich eigene Maßstäbe zu setzen? Da die tieferen Beweggründe nicht herauskommen, steht der sittenstrenge, verbohrte Bürgermeister beim Zuschauer auf verlorenem Posten und der wird sich sofort mit der frischen Vianne und ihrer herzlichen Einstellung zum Leben und den Menschen identifizieren. Ein gleichwertiger Kampf kommt zwischen den beiden nicht zustande. Die Figur der Vianne ist mitverantwortlich dafür, daß der Film etwas Unwiderstehliches hat. Schon bei ihrer Ankunft erzählt sie herrlich irrational von einem Känguruh - wie sich herausstellt eine Phantasiegestalt ihrer Tochter. Unter Geheimniskrämerei macht sie sich daran, den neuen Laden einzurichten und die kunstvollen Auslagen zu backen. Die Eröffnung ruft ebenso Faszination wie Irritation und Ablehnung hervor. Vianne schafft es allerdings mit Leichtigkeit auf Menschen zuzugehen und sie in ihren Laden zu locken. Ihre Spezialität ist es, die verborgenen Wünsche ihrer Kunden zu erraten und ihnen die jeweiligen Lieblingspralinen anzubieten. Die Sinnlichkeit, die von Schokolade ausgehen kann, ist in vielen Szenen nicht zu übersehen und entgeht auch denen nicht, die Viannes Delikatessen probieren. Schokolade macht hier müde Männer munter und dem Zuschauer Lust, sich gleich nach Verlassen des Kinos mit dieser "Speise der Götter" einzudecken. ![]() Altbekannt, daß Depp ein Faible für Außenseiterrollen hat. Aber hier in seiner zweiten Zusammenarbeit mit dem Regisseur Lasse Hallström (nach dem Erfolg "Gilbert Grape" von 1993) tendiert seine Rolle bedauerlicherweise zum Klischee: Der exotische Streuner, von allen zu Unrecht verachtet, hat den Blues. (Den Blues und beschwingte Musik von Django Reinhardt hat Depp selber für den Soundtrack eingespielt.) Allerdings ist es nicht unwahrscheinlich, daß Zigeuner in den späten 50ern, in denen der Film spielt, wirklich so abfällig behandelt und ausgestoßen wurden wie hier dargestellt. Depp ist nur einer von vielen starken Nebendarstellern, die einzigartige Judi Dench wurde für den Golden Globe nominiert. "Chocolat" möchte in vielen Nebengeschichten glaubwürdig machen, daß sich Menschen ändern können. Das gelingt deswegen, weil den Figuren Zeit eingeräumt wird. Die verstörte, unglückliche Josephine (im richtigen Leben Hallströms Ehefrau Lena Olin) wird sicher nicht schlagartig zu einer selbstbewußten Frau, aber entwickelt sich in kleinen Schritten weiter. Zum Schluß hat nicht nur Vianne das Städtchen verändert und geprägt, sondern auch dessen Bewohner haben sie wiederum gewandelt.
Jessica Ridders
/ Wertung:
* * * *
(4 von 5)
Filmdaten Chocolat (Chocolat) USA/GB/F 2000 Deutscher Verleihtitel: Chocolat - Ein kleiner Biss genügt!
Länge: 110 Minuten; deutscher Kinostart: 15. März 2001; ein Film im Verleih von Senator
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