21.08.2009
Carriers
![]() In Erinnerung an idyllische Urlaube am Turtle Beach beabsichtigt die Gruppe, in diese scheinbar heile Welt zu reisen, um ein wenig Frieden zu finden in einer Welt, in der der Tod regiert. Der Weg dorthin ist jedoch eher eine Homer-Odyssee als ein Jack-Kerouac-Roman. Kurze Augenblicke verraten den Zustand der Welt: leere Straßen, verlassene Städte, die eine oder andere Leiche am Straßenrand. Eine an einem Hochspannungsmast gelynchte Leiche verweist auf eine zerrüttete Gesellschaft. Ein hustender Priester predigt im Radio vom Ende der Zeiten, von einer Bestrafung Gottes an der versündigten Menschheit.
Als die letzten Überlebenden der Truppe in Turtle Beach ankommen, ist alles wie immer, und gleichzeitig nichts wie zuvor. Sie sind seelisch ohnehin schon tot. Ein Ort ist eben auch bestimmt durch seine Anwohner, und Erinnerungen bringen dies schmerzlich zu Tage. Die den Film einleitenden und ausklingenden Heimvideobilder aus sorgloseren Zeiten zeigen die Brüder ausgelassen am Strand und führen uns vor Augen, dass kein Mensch eine Insel sein kann. "Carriers" gelingt es, den Spannungsbogen nicht zu überreizen und dennoch mit gekonnt eingesetzten Standardsituationen Schrecken zu erzeugen. Was der Film allerdings vielmehr vermittelt als Beunruhigung und Horror ist ein Gefühl der Hilflosigkeit und des Verlassenseins. Die nihilistische, zynische Art Brians, mit der Situation umzugehen, erzeugt diesen Eindruck ebenso wie der traurige Blick seines Bruders Danny. Böse Zungen mögen anmerken, dass der Film eher vor sich hin plätschert, doch kann man in eben dieser Ruhe auch die ausgedehnte Hoffnungslosigkeit einer aussterbenden Welt sehen. Ein Horrorfilm darf auch mit subtilen Mitteln arbeiten, der Schreck muss einen nicht grundsätzlich anspringen. Der Film verzichtet auf übermäßige Brutalität und blutigen Details zugunsten der ruhigen Atmosphäre des Nihilismus. Wenn selbst der Priester im Radio hustet, bestärkt dies nur die gottlose, herzlose Stimmung einer Welt, die trotz ihres gesamten Fortschrittes von einem simplen Virus dahingerafft wurde. Zu bemängeln sind dennoch unlogische Szenen und Handlungen der Protagonisten, wie zum Beispiel der plötzliche, laxe Umgang mit Gegenständen wie Münztelefonen, wo man doch zuvor noch akribisch das Auto mit Bleichmittel gesäubert hat, um eine Ansteckung zu vermeiden. Frauen sind im Horrorgenre nun einmal gerne irrational, tendenziell verlogen und handlungsunfähig, während Männer eher als draufgängerisch und scharfzüngig dargestellt werden. Diese Klischierung hält sich zwar in Grenzen, ist jedoch erkennbar. Schade auch, dass gewisse Figuren, wie die Männer in dem Hotel, die ein in sich geschlossenes System errichtet haben, gar nicht weiter ausgebaut werden. Trotz einiger Ungereimtheiten hat "Carriers" seine Stärken. Der Umgang mit dem Thema der Pandemie liegt derzeit nicht nur cineastisch mit Filmen wie "28 Weeks Later" (2007) oder "I am Legend" (2007) in der Luft, sondern auch thematisch in Form der panikartigen Berichterstattung über die Schweinegrippe.
Das Brüderpaar Álex und David Pastor hat es in seinem Debüt geschafft, einen beklemmenden Film über das Leben und Überleben, und über die Rolle der Humanität in Krisenzeiten vorzulegen. Tatsächlich fragt man sich nach dem Film, wie in derartigen Situationen zu handeln wäre. Wie strikt kann man sich an Regulationen halten, und würde man lieber seine eigene Familie dem Tod überlassen, um dann mutterseelenallein zu überleben? Jana Toppe /
Wertung: * * *
(3 von 5)
Quelle der Fotos: Twentieth Century Fox Filmdaten Carriers (Carriers) USA 2009 Regie & Drehbuch: Álex & David Pastor; Darsteller: Chris Pine (Ryan), Lou Taylor Pucci (Danny), Piper Perabo (Bobby), Emily VanCamp (Kate), Kiernan Shipka (Jodie), Christopher Meloni (Frank) u.a.; Produktion: Ray Angelic, Anthony Bregman; Kamera: Benoît Debie; Musik: Peter Nashel; Länge: 85 Minuten; FSK: ab 16 Jahren; ein Film im Verleih von Splendid Film; deutscher Kinostart: 1. Oktober 2009
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